Droge als Medikament: Angesehene US-Spender finanzieren klinische MDMA-Studie

Mit berauschenden Stoffen wird viel experimentiert, aber als Therapie sind sie zumeist verboten. Eine Koalition von Investoren und Unternehmern will das ändern.

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Droge als Medikament: Angesehene US-Spender finanzieren klinische MDMA-Studie

(Bild: Photo by Pretty Drugthings on Unsplash)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sascha Mattke
Inhaltsverzeichnis

Unter dem Namen Ecstasy und meist in nicht reiner Form ist die Substanz als Party-Droge bekannt, aber manche Forscher und Ärzte sind der Meinung, dass sie noch viel nützlicher sein könnte: Schon seit einigen Jahren beschäftigen sie sich mit dem therapeutischen Potenzial von MDMA – in verwandter Form ist es ohnehin Bestandteil des rezeptpflichtigen Medikaments Ritalin gegen Hyperaktivität. Jetzt aber könnte der Droge selbst der Schritt aus der Illegalität gelingen: Prominente US-Unternehmer und -Investoren haben viel Geld gespendet, damit eine kontrollierte Erprobung zu Ende geführt und die Zulassung erreicht werden kann.

Insbesondere in den USA sind MDMA (dort auch gern als Molly bezeichnet) und andere Substanzen wie das psychedelische LSD längst der jugendlichen Party-Szene entwachsen. Unternehmer und Programmierer experimentieren mit der Einnahme kleinster Dosen, um beispielsweise ihre Kreativität zu erhöhen. Gleichzeitig haben begrenzte medizinische Versuche gezeigt, dass MDMA traumatisierten oder depressiven Patienten Besserung bringen kann.

In Deutschland gibt es bereits einen lebhaften Untergrund von Therapeuten, die nach unterschiedlichen Philosophien mit Amphetaminen wie MDMA oder Psychedelika wie LSD arbeiten, und in anderen Ländern dürfte es nicht anders aussehen. Doch wegen fehlender offizieller Zulassung agieren die Helfer damit ebenso illegal wie ihre Patienten und sind auf Lieferungen aus zweifelhaften Quellen angewiesen.

In einer Art Teufelskreis sorgt das Verbot zudem dafür, dass die Erforschung solcher Drogen-Substanzen massiv erschwert ist. Und weil sie schon seit Jahrzehnten bekannt sind, besteht für normale Pharma-Firmen noch weniger Anreiz, sich um eine Zulassung zu bemühen: MDMA und Co. wären nicht patentierbar, also sind auch keine hohen Gewinne mit der exklusiven Produktion und Vermarktung zu erzielen, wie es bei neu entwickelten Medikamenten üblich ist.

Nach eigenen Angaben schon seit 34 Jahren versucht die Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies (MAPS) in den USA, diesen gordischen Drogen-Knoten zu zerschlagen. Und wie es aussieht, gerät der erste Meilenstein auf diesem langen Weg allmählich in greifbare Nähe. In diesem Mai meldete die nicht gewinnorientierte Organisation Vorab-Daten zu ihrer ersten klinischen Phase-3-Studie mit MDMA, die nach ihrer Darstellung denkbar positiv ausfielen. Und mit prominenter Hilfe hat MAPS jetzt auch genügend Geld eingesammelt, um diese Forschung zu Ende zu führen und die US-Zulassung einer MDMA-Therapie zu beantragen.

Insgesamt 30 Millionen Dollar seien im vergangenen halben Jahr zusammengekommen, teilte die Organisation jetzt mit, und das Ergebnis davon könne die absolut „erste von der US-Aufsicht FDA zugelassene Psychotherapie mit Psychedelika“ sein. Die letzten 20 Millionen Dollar flossen sogar sämtlich seit diesem Juni: In dem Monat startete der bekannte Lebenshilfe-Autor Tim Ferriss eine Aktion, auf die er auch in seinem millionenfach gehörten Podcast und in seinem Blog hinwies: Zusammen mit dem Netzwerk Psychedelic Science Funders Collaborative hatte er schon 10 Millionen Dollar gesammelt – und dieses Geld versprach er MAPS für das MDMA-Projekt, wenn die Organisation bis September denselben Betrag von eigenen Spendern aufbringt.

Wie MAPS jetzt mitteilte, wurde das Ziel sogar schon Mitte August erreicht, sodass die insgesamt benötigten 30 Millionen Dollar zusammen seien. Insgesamt hätten sich an der eigenen Sammel-Aktion 2500 Personen mit Beiträgen zwischen 1 Dollar und 1,9 Millionen Dollar beteiligt.

Die erste der 10 Millionen Dollar von seiner Seite steuerte der Autor Ferriss selbst bei. Weitere 5 Millionen Dollar kamen von der Stiftung eines Hedgefonds-Milliardärs und je 1 Million Dollar von weiteren Finanz-Figuren und Unternehmern.

Und auch die Groß-Spender bei MAPS direkt können sich sehen lassen. Drei von ihnen mit hohen sechsstelligen Summen wollten lieber anonym bleiben. Mit ihren Namen und je mindestens Million Dollar unterstützten aber zwei weitere Stiftungen und unter anderem der bekannte Tech-Investor Steve Jurvetson die medizinische Erforschung der Party-Substanz.

Sogar zwei Millionen Dollar kamen via Stiftung von Bob Parsons, Gründer des Hosting-Dienstes GoDaddy. Als Veteran des Vietnam-Krieges hat er laut MAPS selbst mit einer Trauma-Störung zu kämpfen. Allein in den USA gebe es Millionen Menschen mit solchen Problemen, und sie alle hätten bessere Therapie-Optionen verdient, als sie heute bekommen könnten, wird Parsons in einer Mitteilung zitiert. Genau darum gehe es in dem MDMA-Projekt – Forschung mit psychedelischen Substanzen sei zu lange an den Rand gedrängt worden.

Doch diese Zeiten scheinen tatsächlich zu enden, wenn auch vorerst nur in den USA und durch den dortigen finanziellen und persönlichen Einsatz überzeugter Prominenter. Das jetzt vorhandene Geld soll die zweite Phase-3-Studie von MAPS finanzieren – dies sei der letzte Schritt, bevor die FDA über eine Zulassung entscheide.

Dabei geht es aber nicht um bloßes MDMA auf Rezept, sondern um eine Verabreichung in Begleitung speziell geschulter Therapeuten. Auch die Vorbereitungen für die Vermarktung sowie Zulassungen in Israel und Kanada sollen mit den Spenden bezahlt werden. (sma)