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Huawei fühlt sich trotz US-Boykott gerüstet: Mate 40 kommt später

Wie gehts weiter mit Huawei nach dem US-Boykott, was machen Besitzer älterer Huawei-Smartphones und wann launcht der chinesische Hersteller sein Mate 40?

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Huawei fühlt sich trotz US-Boykott gerüstet: Mate 40 kommt später

(Bild: Rad K/Shutterstock.com)

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Der drittgrößte Hersteller von Mobilgeräten weltweit hat nicht nur unter den Folgen von Covid-19 zu leiden. Auch der US-Boykott setzt dem chinesischen Unternehmen zu. Auf der IFA sprachen wir mit William Tian, Leiter der Consumer Business Group von Huawei Deutschland. Auf die Frage, welches der beiden Ereignisse sein Unternehmen mehr zu schaffen mache, Covid-19 oder der US-Boykott, blieb Tian eine eindeutige Antwort schuldig: Unter Covid-19 hätten alle sehr gelitten, aber sowohl China als auch Deutschland hätten die Pandemie gut gemeistert, findet Tian. Huawei habe seine Kunden trotz des Boykots erreichen können.

William Tian, Leiter der Consumer Business Group von Huawei in Deutschland, präsentiert sein Unternehmen selbstbewusst am .Stand auf der IFA.

(Bild: Ulrike Kuhlmann, c't magazin)

Vom Handelskrieg mit den USA sind sowohl Hardware als auch Software von Huawei betroffen: Softwarehersteller wie Google dürfen nicht mehr mit dem chinesischen Unternehmen zusammenarbeiten. Bis zum 13. August gab es indes eine Sondergenehmigung für US-Unternehmen, die es ihnen erlaubte, weiterhin Geschäftsbeziehungen zu pflegen.

So konnten Smartphones von Huawei, die vor Mai 2019 in den Handel kamen, uneingeschränkt Android und Googles Playstore nutzen sowie Software-Updates beziehen. Die meisten Huawei-Handys, die nach Eintreten der US-Handelsrestriktionen in den Handel kamen, laufen seit Marktstart jedoch mit der lizenzfreien Android-Variante; hier hat der chinesische Hersteller also vorgebeugt. Außerdem arbeitet Huawei am eigenen Betriebssystem Harmony OS, um künftig komplett unabhängig von den USA agieren zu können.

Wir wollten wissen, ob strategische Partnerschaften mit anderen Smartphone-Herstellern wie Xiami oder BBK angedacht sind, um mit einem gemeinsamen Betriebssystem anzutreten. Das verneinte Manager Tian selbstbewusst: Man sei stets offen für Partnerschaften, entwickele jedoch eigene Software für die eigenen Kunden.

Tian glaubt, dass es die Anwender am Ende nicht interessiere, welches Betriebssystem und welcher App-Store ein Handy nutze. Entscheidend sei vielmehr, dass alles reibungslos funktioniere. Deshalb habe Huawei beispielsweise die Top-3000-Apps für Smartphones weltweit identifiziert und möglichst viele davon über den hauseigenen Huawei Mobile Service (HMS) in die Huawei AppGallery integriert. HMS ist das Huawei-Pendant zu Googles Mobile Service (GMS) und die AppGallery zum Google Playstore und Apples App Store. Für Deutschland habe sein Unternehmen die 200 meistgenutzten Apps ermittelt. Entweder könnten Kunden diese aus der AppGalery herunterladen, aus anderen Stores oder direkt bei den App-Anbietern wie Facebook beziehen.

Der stellvertretende Leiter der deutschen Huawei-Niederlassung, David Wang, räumte kürzlich im c't-Interview ein, dass der Smartphone-Absatz Huaweis in Deutschland aufgrund des US-Boykotts merklich zurückgegangen ist. Die Verbraucher seien die Google-Dienste gewohnt, und nicht jeder möchte bislang darauf verzichten. Trotzdem sei die Resonanz des Marktes auf die neuen Smartphones des Herstellers viel besser, als er erwartet habe.

Im zweiten Quartal 2020 setzte sich Huawei erstmals weltweit an die Poleposition unter den Smartphone-Herstellern ein. Das war allerdings dem großen Erfolg des Herstellers in China geschuldet, außerhalb Chinas war der Verkauf dagegen rückläufig.

Der Marktanteil Huaweis in Europa liegt laut Consumersparten-Chef Tian bei 16 Prozent, und diesen wolle sein Unternehmen im kommenden Jahr trotz Corona und US-Boykott zumindest halten. Im vergangenen Jahr bestritt Huawei noch 23 Prozent des europäischen Handymarktes. Dass Huawei seinen Anteil am Markt behält, dafür soll auch der Launch des Mate 40 sorgen. Ihn kündigte Tian für November an. Dann sei auch der hauseigene Sprachassistent Celia für Deutschland startklar, versprach er.

Der US-Boykott berge indes keine Einschränkungen für Bestandskunden, versicherte Tian. Wer ein älteres Huawei-Smartphone besitze, könne es wie gewohnt nutzen. Ob das auch für den PlayStore gilt, ließ er ebenso offen wie die Bereitstellung von Sicherheits-Updates.

Auch den Verkauf des neuen Mate-Flagshiffs sieht der Manager durch den US-Handelskrieg nicht gefährdet. Sein Unternehmen habe für die nahe Zukunft vorgesorgt und ausreichende Mengen an SoCs und Prozessoren für die kommende Smartphone-Generation eingelagert.

Chiphersteller wie TMSC dürfen das chinesische Unternehmen künftig nicht mehr beliefern. Huawei lässt unter anderem den Kirin 990 des Mate 30 bei der taiwanischen Chipschmiede TMSC in 7-nm-Technik fertigen und eben auch den Prozessor für das Mate 40. Wenn die Vorräte an CPUs und SoCs aufgebraucht sind, werde sein Unternehmen auf andere Quellen zurückgreifen können, versicherte Tian.

Das scheint eine recht sportliche Aussage, aber tatsächlich will die chinesische Regierung die heimische Halbleiterindustrie fördern, um die Unternehmen unabhängiger von äußeren Einflüssen zu machen. Quanxin Integrated Circuit Manufacturing (QXIC) und Wuhan Hongxin Semiconductor Manufacturing Co. (HSMC) sollen bereits seit 2019 erfahrene Ingenieure und Manager des taiwanischen Chipauftragsfertigers TSMC abgeworben haben. HSMC will für knapp 16 Milliarden Euro eine Fabrik bauen, die ab 2022 Chips mit Strukturen von 14 und 12 Nanometern produziert. Von einer perfekt laufenden Massenproduktion wie in den TMSC-Fabs ist man dann allerdings noch ebenso weit entfernt wie von 7-nm-Strukturen. (uk)