Planetenforscher: Geheimnisvolle Venus zurück im Fokus

In jüngster Zeit steht die Venus eindeutig im Schatten von Mars. Nach der Entdeckung einer möglichen Spur von Leben könnte sich das nun ändern.

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Kongress der Planetenforscher EPSC 2020: Geheimnisvolle Venus

Die Venus

(Bild: NASA)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Der Nachweis von Monophosphan (PH3), beziehungsweise Phosphin, in der Venusatmosphäre hat unserem Nachbarplaneten wieder mehr öffentliche Aufmerksamkeit verschafft, denn auf der Erde entsteht diese Verbindung nur auf biologische oder künstliche Weise. Gibt es auf der Venus, die derzeit als hell leuchtender Morgenstern der Sonne gut drei Stunden vorauseilt, womöglich doch Leben?

Die Bedingungen an der Oberfläche, wo ein atmosphärischer Druck wie auf der Erde in 900 Metern Meerestiefe herrscht und bei Temperaturen von 460 Grad Celsius Blei schmelzen würde, sprechen erst einmal nicht dafür. Aber Forscher wie Dirk Schulze-Makuch und Louis Irwin haben schon vor über 15 Jahren vorgeschlagen, in höheren Schichten der Venusatmosphäre nach einfachen Lebensformen zu suchen.

Die von ihnen skizzierte Mission zur Entnahme von Proben und deren Rücktransport zur Erde hat sich zwar noch nicht durchsetzen können. Bei der derzeit laufenden Konferenz EPSC 2020 zur Planetenforschung war jedoch von anderen Missionen zu erfahren, die geplant sind, sich bereits auf dem Weg zur Venus befinden – oder sie kürzlich erst besucht haben. Dazu gehört die Sonnensonde Parker Solar Probe, die auf dem Weg zu ihrem sonnennahen Orbit am 11. Juli mit einem Schwerkraftmanöver an der Venus Schwung geholt hat.

Aufnahmen von Akatsuki

(Bild: JAXA)

Der Vorbeiflug wurde genutzt, um insbesondere die Nachtseite des Planeten gleichzeitig aus verschiedenen Perspektiven zu beobachten. Die von der Parker Solar Probe erhobenen Daten wurden dabei ergänzt durch die des japanischen Venus-Orbiters Akatsuki und eine breit angelegte terrestrische Beobachtungskampagne von professionellen und Amateurastronomen. Eine vergleichbare Gelegenheit bietet sich bereits am 15. Oktober erneut, wenn die europäisch-japanische Sonde BepiColombo auf dem Weg zum Merkur an der Venus vorbeifliegt.

Die Herkunft des Monophosphans wird sich dabei wahrscheinlich nicht klären lassen. Aber möglicherweise erlauben die Beobachtungen nähere Aufschlüsse über dessen Verteilung in der Atmosphäre und zeitliche Veränderungen der Konzentration. Die Dynamik der Venusatmosphäre wirft ohnehin noch viele Fragen auf. So ist unter anderem noch nicht geklärt, warum die Atmosphäre etwa 60-mal so schnell rotiert wie der Planet selbst (Superrotation). Um das klimatische Geschehen besser zu verstehen, ist es nötig, die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Oberfläche und dem Inneren des Planeten zu untersuchen.

Das ist das Ziel der Mission EnVision, deren Machbarkeit gerade im Rahmen einer Phase-A-Studie untersucht wird, die im Jahr 2032 starten könnte – sofern sich die europäische Weltraumorganisation ESA im Sommer 2021 dafür entscheidet. EnVision soll helfen zu verstehen, warum sich die Venus, die hinsichtlich ihrer Größe der erdähnlichste Planet im Sonnensystem ist, sich ansonsten so grundlegend von unserer Heimat unterscheidet. Nach Leben wird aber auch diese Mission nicht suchen. Im Konferenzbeitrag des von Richard Ghail (Royal Holloway University of London) geleiteten Missionsteams heißt es ausdrücklich, der Planet habe "eine chemisch reaktive Atmosphäre, aber ohne Leben".

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Ebenfalls in der Phase-A befindet sich die Mission Veritas, die gegenwärtig bei der US-Weltraumbehörde NASA untersucht wird und im Jahr 2026 starten könnte. Auch sie will die Frage nach der unterschiedlichen Entwicklung von Erde und Venus klären helfen, indem sie die geologische Aktivität der Venus beobachtet und nach früherem oder heute noch existierendem Wasser sucht.

All diese Missionen nutzen Fernerkundungsmethoden. Eines Tages könnten aber auch wieder Sonden oder Ballons direkt in die Venusatmosphäre eintauchen, sie vor Ort untersuchen und möglicherweise auch von dort aus die Oberfläche beobachten. Bisher ist das nur vier Missionen gelungen: der US-amerikanischen Pioneer Venus (1976) sowie den sowjet-russischen Venera 11 (1976), 13 und 14 (1982). Deren Daten haben Wissenschaftler um Patrick Irwin (University of Oxford) genutzt, um das Simulationsverfahren NEMESIS (Non-linear optimal Estimator for MultivariatE spectral analySIS) zur Modellierung der spektralen Eigenschaften von Planetenatmosphären zu verfeinern. Damit soll es möglich sein, die Lichtverhältnisse auf anderen Planeten zu simulieren. Ein von den Forschern produziertes Video zeigt, wie ein Flug durch die Venusatmosphäre aussehen könnte.

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Venusbewohner sind auch in diesem dichten Wolkennebel nicht zu erkennen. Aber wenn es die denn überhaupt gibt, bräuchte es dafür wohl ohnehin ein leistungsfähiges Mikroskop.

(mho)