EU-Ausschussvorsitzender: Europa muss beim Thema KI endlich aufwachen

Der Vorsitzende des KI-Ausschusses im Europa-Parlament kritisiert die allzu pessimistische Grundhaltung in der EU und fordert, beim KI-Thema aufzuwachen.

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Eu-Ausschussvorsitzender: Europa muss sich bei KI einfach mehr anstrengen

(Bild: AB Visual Arts/Shutterstock.com)

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Von
  • Markus Feilner

Es könne nicht sein, dass "wir die Übermacht amerikanischer KI-Anbieter als gegeben hinnehmen", erklärt der Vorsitzende des Ausschusses für Künstliche Intelligenz im Europa-Parlament, Dragoș Tudorache. Selbst Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigt ihm da schon "defätistische" Zeichen von Aufgabe, die er so nicht stehen lassen will. Stattdessen gibt der Rumäne positive Signale, fordert ein Umdenken und einen neuen Aufbruch in Europa – und eine andere Einstellung.

"Ja, wir liegen hinten, sogar deutlich, aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir das aufholen können." Mit dieser optimistischen Botschaft fordert er die EU-Mitglieder auf, endlich mehr in künstliche Intelligenz zu investieren. Nicht zuletzt die Corona-Krise habe gezeigt, dass wir einen größeren digitalen Anschub brauchen, erklärt Tudorache im Interview mit Science|Business. Doch den sehe er leider nirgendwo, konstatiert der Vorsitzende, der im September das Amt übernommen hat.

Leider habe auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen in Ihrer jüngsten Rede zur Lage der EU scheinbar aufgegeben: "Sie sagt recht defätistisch, wir hätten die Welle verpasst, Punkt. Zwar hat sie recht, es gibt keine Big Player in Europa, das ist richtig. Aber das muss man doch nicht einfach so hinnehmen! (...) Ich würde hier deutlich mehr Anstrengung erwarten, die Diskussion muss doch dahingehen, unsere eigenen Modelle zu entwickeln!"

Als einen zentralen Faktor macht er dabei aus, dass Europa unter einem gravierenden Mangel an Fachkräften leidet, was die ausbleibenden Erfolge bei den Reformen der Einwanderungspolitik noch verschärfen: "Ohne die richtigen Talente ist das Rennen nicht zu gewinnen." Doch blockiere sich die EU hier seit Jahren selbst: "Wir unternehmen schlicht nicht genug, um Modelle zu entwerfen, mit denen wir die Talente überzeugen, die vermutlich scharenweise vor Präsident Trump davonlaufen würden." Ganz im Gegenteil, Europa verliere immer noch, trotz seiner zahlreichen großartigen Bildungseinrichtungen, viele Experten in die USA.

Tudorache verlangt deshalb deutlich mehr Investitionen im nächsten EU-Haushalt für KI, erwartet dass das europäische KI-Gesetz nicht so lange benötigen wird wie die DSGVO, verlangt aber einen Risiko-basierten Ansatz und will das Gesetz "wie eine Rakete aufbauen, eine Stufe nach der anderen."

Der Vorsitzende hält ein Risiko-Register für KI-Technologien und -Anwendungen für angebracht. Angesprochen auf ein Verbot für automatisierte Gesichtserkennung erklärt er, "das gehört ganz oben auf die Risiko-Liste, muss aber – wie jede Regulierung – differenziert betrachtet werden." Gerade die Gefahren, die KI-Tools zur Überwachung mit sich brächten, etwa in totalitären Systemen wie China zeigten doch, dass es dort "Elemente gibt, die nicht mit unserem Modell kompatibel sind."

(mfe)