Digitalisierung in Unternehmen: Die Großen gehen strategisch vor

Im Coronajahr wurde mehr Hard- und Software angeschafft. Die Digitalisierung schreite fort, aber nicht gleichmäßig. Die Verwaltung braucht offenbar Fristen.

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Büro, Arbeitsplätze

(Bild: 889520, gemeinfrei (Creative Commons CC0))

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Die Digitalisierung von Unternehmen wurde durch die Coronavirus-Pandemie in einigen Bereichen beschleunigt, hat der Digitalverband Bitkom in seiner Auswertung Digital Office Index 2020 festgestellt. Die öffentlichen Verwaltungen konnten allerdings nur wenig mobil arbeiten und zeigten nur dort deutliche Digitalisierungsschübe, wo Fristen sie dazu trieben. Kleine Unternehmen hinken bei ihren Digitalisierungsvorhaben größeren Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ebenfalls hinterher, betonte Peter Collenbusch, Vorsitzender des Kompetenzbereichs Digital Office, während der Pressekonferenz.

Laut der Erhebung des Bitkom könnten hierfür unter anderem die Digitalisierungsstrategien der Unternehmen verantwortlich sein, die besonders bei großen Unternehmen vorhanden sind. Dort verfolgen 96 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern eine Strategie, bei Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitenden könnten nur 71 Prozent eine vorweisen.

Gegenüber dem Vorjahr investierte im Jahr 2020 jedes dritte Unternehmen mehr in die Digitalisierung von Büro- und Verwaltungsprozessen. Genauer zum Einfluss der Coronavirus-Pandemie im Investitionsbereich gefragt, erklärten mehr als die Hälfte (55 Prozent) der Unternehmen, dass mehr Hardware angeschafft wurde, 39 Prozent, dass mehr Geld in die Softwarebeschaffung wie etwa Lizenzen floss.

Mehr Anschaffungen wurden getätigt, Ausstattung ist aber nicht gleich Digitalisierung. Dafür müsse es auch Strategien geben, stellte Peter Collenbusch fest.

(Bild: Bitkom)

Dass Mitarbeitern für dezentrales Arbeiten – wie beispielsweise auch für das Arbeiten im Homeoffice aufgrund von Coronavirus-Einschränkungen – überhaupt Hardware zur Verfügung steht, ist je nach Unternehmen sehr unterschiedlich. Banken- und Finanzdienstleister gaben an, dass 93 Prozent der festangestellten Mitarbeitenden mobile Endgeräte mit Internetzugang zur Verfügung stehen. In den öffentlichen Verwaltungen lag der Wert bei nur 40 Prozent. Im Land Berlin lag der Wert, so Collenbusch, sogar nur bei 15 Prozent.

In Sachen interne und externe Kommunikation zeigt sich gut die Hälfte der deutschen Unternehmen weiterhin traditionsbewusst und setzt immer noch auf Fax-Geräte. Der Wert sei zwar auch hier von 62 Prozent im Jahr 2018 auf 49 Prozent in 2020 gesunken. In der Mottenkiste liegt das Fax-Gerät damit aber noch lange nicht. E-Mail und Festnetz sind indessen mittlerweile Standard für alle. Sie werden von allen befragten Unternehmen "häufig" oder "sehr häufig" benutzt.

Deutlich zugelegt hat die Nutzung von Smartphones im Unternehmensbereich – von 51 Prozent auf 81 Prozent – und auch die Nutzung von Videkonferenzen hat gegenüber 2018, mit 48 Prozent, auf 61 Prozent in 2020 zugenommen. Die Nutzung von Messengerdiensten hat ebenfalls einen Sprung gemacht (von 37 auf 50 Prozent) und Kollaborationstools wie Slack oder Microsoft Teams wurden zumindest in diesem Jahr von 36 Prozent der Unternehmen genutzt. Für andere Jahre liegen hier keine Zahlen vor.

Internationale Vergleiche zeigten laut Nils Britze, Bereichsleiter für Digitale Geschäftsprozesse, dass bereits etablierte Wirtschaftsnationen an älteren Kommunikationstools länger festhalten, während aufstrebende Länder manche Technik überspringen und schon jetzt digitaler kommunizieren.

Wie Peter Collenbusch ausführte, zeigt sich eine besonders hohe Bereitschaft, die klassische Briefpost abzulösen. 86 Prozent der Unternehmen stimmten der Aussage zu "Unser Unternehmen hat das Ziel, Briefpost durch digitale Kommunikation zu ersetzen". Zu 63 Prozent gelinge dies auch. 49 Prozent der Befragten bejahten, dass ihr Unternehmen weniger Dokumente ausdruckt als noch vor einem Jahr.

Die Briefpost soll abgelöst werden

(Bild: Bitkom)

Linda Oldenburg, Vorsitzende des Arbeitskreises Digitale Geschäftsprozesse, wies darauf hin, dass die öffentliche Verwaltung durch den Einsatz von E-Rechnungen dazu beitragen kann, Papierberge in den Büros zu minimieren. Sie nutzt schon zu 82 Prozent E-Rechnungen. Dies liege aber auch daran, dass es hier klare Vorgaben und Fristen gäbe, so Oldenburg. Denn vom 27. November 2020 an müssen Unternehmen, die im Auftrag des Bundes tätig sind "Rechnungen in einem strukturierten elektronischen Format übermitteln". Das Thema stände für die Verwaltungen "seit Jahren auf der Agenda". Wirtschaftsunternehmen müssten hier nun nachlegen. Nur 30 Prozent aller Unternehmen nutzen bisher E-Rechnungen.

Der Bitkom bewertet in seinem Digital Office Index 2020 auch die Digitalisierung von Büro- und Verwaltungsprozessen in deutschen Unternehmen auf einer Skala von 0 (überhaupt nicht digitalisiert) bis 100 (vollständig digitalisiert). Im Durchschnitt läge dieser nun bei 55 Punkten. Der Wert für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern liegt schon bei 67 Punkten, für Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitenden bei 53 Punkten – hier zeige sich eine deutliche Schere.

Laut Bitkom lassen sich auch verschiedene Digitalisierungstypen unter den Unternehmen erkennen. So seien 19 Prozent der Unternehmen Vorreiter, 44 Prozent verbuchen einen überdurchschnittlichen Digitalisierungsfortschritt, 26 Prozent einen unterdurchschnittlichen und elf Prozent gelten als Nachzügler.

Der Digital Office Index geht auf repräsentative Umfragen des Bitkom zurück, die allerdings nur die erste Jahreshälfte 2020 betreffen. Für die Erhebung wurden Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und IT-Leiter von 1.104 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten in Deutschland sowie die Leiter von 51 Organisationen der Öffentlichen Verwaltung im Mai und Juni 2020 telefonisch befragt. Die Umfrage ist laut Bitkom damit repräsentativ für die Gesamtwirtschaft. Der Index wird seit 2016 alle zwei Jahre erhoben.

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