Edit Policy: Bundesregierung will Pflicht von Uploadfiltern in Terrorverordnung

Die Bundesregierung treibt in der EU den verpflichtenden Einsatz von Uploadfiltern in der Terrorverordnung voran, mit Vorsitz im Rat der Europäischen Union.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 186 Kommentare lesen

(Bild: Tonktiti/Shuttersatock.com/Diana Levine)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Felix Reda

In Deutschland arbeitet die Bundesregierung derzeit an der Umsetzung der Urheberrechtsreform, mit dem erklärten Ziel, Uploadfilter "so weit wie möglich zu vermeiden". An der Ernsthaftigkeit dieses Ziels lässt bereits der jüngste Referentenentwurf Zweifel aufkommen, in dem die Pflichten zum Einsatz von Uploadfiltern deutlich verschärft werden. Vollständig unglaubwürdig wird die offizielle Positionierung gegen Uploadfilter aber beim Blick nach Brüssel.

Kolumne: Edit Policy

(Bild: 

Volker Conradus, CC BY 4.0

)

In der Kolumne Edit Policy kommentiert der ehemalige Europaabgeordnete Felix Reda Entwicklungen in der europäischen und globalen Digitalpolitik. Dabei möchte er aufzeigen, dass europäische und globale netzpolitische Entwicklungen veränderbar sind, und zum politischen Engagement anregen.

Denn auch in der EU treibt die Bundesregierung den verpflichtenden Einsatz von Uploadfiltern voran. Deutschland hat bis Ende des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft inne und vertritt in dieser Funktion die nationalen Regierungen in Verhandlungen mit dem Europaparlament zu aktuellen Gesetzgebungsverfahren. Am kommenden Donnerstag findet die nächste Verhandlungsrunde zur Terrorismus-Verordnung statt, einer Gesetzesinitiative, mit der die Europäische Kommission Behörden in die Lage versetzen will, auch kleine Plattformen zum Einsatz von Uploadfiltern zu zwingen.

Das Parlament ist in dieser Sache bislang hart geblieben: Durch die massiven Proteste gegen die Verabschiedung der Urheberrechtsreform sind vielen Abgeordneten die Gefahren von Uploadfiltern wohl bekannt. Immer wieder kommt es auch bei der freiwilligen Sperrung mutmaßlich terroristischer Inhalte zu Kollateralschäden. Besonders journalistische Berichte über Terrorismus oder Dokumentationen von Menschenrechtsverletzungen durch zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Syrian Archive sind regelmäßig von falschen Sperrungen betroffen. Die Parlamentsposition zur Terrorverordnung, die kurz nach der Urheberrechtsreform verabschiedet wurde, schließt verpflichtende Uploadfilter deshalb explizit aus.

Ausgerechnet aus Deutschland, dem Land, wo die Proteste gegen Uploadfilter am größten waren, kommt nun der Vorstoß, Filterpflichten in der Terrorverordnung zu verankern. Für die Verhandlung am 29. Oktober hat die deutsche Ratspräsidentschaft einen "Kompromissvorschlag" erarbeitet, der diesen Namen nicht verdient. Nach diesem Vorschlag sollen Plattformen, die von Behörden zu Maßnahmen gegen terroristische Inhalte aufgefordert werden, verpflichtet sein, gegen diese vorzugehen. Diese Pflicht gilt anders als bei der Urheberrechtsreform nicht nur für profitorientierte Unternehmen, sondern auch für nichtkommerzielle Plattformen. In einem ersten Schritt sollen die Plattformen selbst entscheiden können, welche Maßnahmen sie gegen terroristische Inhalte ergreifen. Wenn der Behörde diese Maßnahmen aber als nicht ausreichend erscheinen, kann diese den Einsatz von Uploadfiltern vorschreiben.

Sollte das Europaparlament dem Vorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft am Donnerstag zustimmen, käme das einer Kapitulation gleich. Anders als im Europaparlament waren die Terrorfilter im Ministerrat von Anfang an mehrheitsfähig. Doch auch die Bundesregierung könnte in Erklärungsnot geraten, wenn ihre aktive Rolle bei der Verhandlung der Terrorverordnung mehr öffentliche Aufmerksamkeit bekommt. Bereits bei der Urheberrechtsreform lautete die offizielle Linie der Bundesregierung, man lehne Uploadfilter eigentlich ab, werde sie aber ausnahmsweise mittragen, um das Verhandlungsergebnis insgesamt nicht zu gefährden. Bei der Terrorverordnung führt Deutschland nun aber selbst die Verhandlungen und hat deshalb alle Mittel zur Verfügung, die Filterpflicht abzuwenden.

Wenn das nicht passiert, ist klar, dass genau diese grundrechtsfeindliche Politik gewollt ist. Die Angriffe der Bundesregierung auf digitale Freiheitsrechte häufen sich dieser Tage. Die Hoffnungen waren groß, dass mit der Wahl der Netzpolitikerin Saskia Esken zum SPD-Vorsitz die Sicherheits-Hardliner in der SPD in ihre Schranken gewiesen würden. Doch auch Esken hat ihren Widerstand gegen Staatstrojaner für die Verfassungsschutzämter inzwischen aufgegeben, mit Verweis auf den Koalitionsvertrag. Das ist derselbe Koalitionsvertrag, in dem sich SPD und Union auch darauf geeinigt hatten, Uploadfilter als unverhältnismäßig abzulehnen. Offensichtlich fühlt sich die Bundesregierung nur dann an diese Vereinbarungen gebunden, wenn es zulasten der Freiheit geht.

Die Texte der Kolumne "Edit Policy" stehen unter der Lizenz CC BY 4.0.

(bme)