Arecibo-Observatorium: Völliger Einsturz befürchtet

Nachdem ein tragendes Drahtseil gerissen ist, wächst die Besorgnis um das Arecibo-Observatorium. Dessen völlige Zerstörung scheint nicht unmöglich.

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Das Arecibo-Observatorium vor den jüngsten Beschädigungen.

(Bild: National Science Foundation)

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Das weltbekannte Arecibo-Observatorium könnte nach zwei Beschädigungen nun jederzeit komplett zerstört werden. Das befürchtet eine Reihe von Experten, die sich gegenüber National Geographic geäußert haben. Michael Nolan, Arecibo-Chef von 2008 bis 2011, etwa meint demnach, die Chancen stünden nur 50 zu 50, dass die immense Plattform über der Antennenschüssel nicht herunterstürze und diese zerstöre. Das vergangene Woche gerissene Drahtseil war eines von vieren, die die Plattform mit einem der drei Haltetürme verbinden. Auf den verbliebenen dreien lastet nun mehr Last und es sei unklar, wie lange diese die halten werden.

An dem weltbekannten Radioteleskop in Puerto Rico war Anfang August ein Drahtseil gerissen und hatte beträchtlichen Schaden an dem riesigen Hauptspiegel angerichtet. Über etwa 30 Meter Länge hatte es sich durch den Spiegel gepflügt und den Boden darunter freigelegt. Das Seil war Teil der Absicherung der Plattform über dem mehr als 300 Meter durchmessenden Spiegel und mit seinem Wegfall war die Last auf die übrigen Sicherungen offenbar zu groß geworden, denn vergangenen Freitag riss ein zweites Drahtseil. Diesmal handelte es sich jedoch nicht um ein Hilfsseil, sondern eines der tragenden. Es sorgte zwar für weniger Beschädigungen, aber nun ist unklar, wie stabil die gesamte Konstruktion überhaupt noch ist.

Die riesige Instrumentenplattform über dem mehr als 300 Meter durchmessenden Hauptspiegel wiegt 900 Tonnen und ist mit jeweils vier Drahtseilen an insgesamt drei Haltetürmen aufgehängt. Laut National Geographic sollten jeweils zwei ausreichen, um die Plattform zu halten, aber angesichts des Risses von vergangener Woche ist unklar, in welchem Zustand die drei verbliebenen an diesem Turm sind. Jederzeit sei eine Kettenreaktion möglich, in der weitere Seile reißen und schließlich die gesamte Plattform in die Antennen stürzt. Die Situation erschwere auch die Reparaturen, da die Ingenieure sich möglicherweise gar nicht auf die Plattform wagen können.

Gegenwärtig seien Firmen vor Ort, sowie das Pionierkorps des Heeres, um die Schäden zu begutachten, schreibt das US-Magazin weiter. Geprüft würden verschiedene Wege zur Stabilisierung, darunter auch Möglichkeiten, aus Hubschraubern zu helfen. Nolan geht davon aus, dass man schnell wissen werde, ob die unmittelbaren Probleme behoben werden können. "Es ist eine hässliche Situation", erklärt mit Frank Drake einer seiner Vorgänger. Auch der Astronom Abel Méndez von der Universität von Puerto Rico meint: "Beim ersten Kabelriss habe ich mir keine Gedanken gemacht, ich war sicher, dass das innerhalb von ein paar Monaten zu reparieren ist. Jetzt bin ich besorgt."

Die Instrumentenplattform

(Bild: National Science Foundation)

Das gigantische Arecibo-Teleskop war 1963 fertiggestellt worden und danach lange das größte Radioteleskop der Welt. 2016 war es diesbezüglich vom chinesischen Radioteleskop FAST (Five hundred meter Aperture Spherical Telescope) überholt worden. Das Observatorium und seine monumentale Architektur sind nicht nur wegen seiner wissenschaftlichen Bedeutung weltberühmt, sondern auch wegen der Auftritte als Kulisse in Filmen wie James Bond 007 – GoldenEye und Akte X. Vor wenigen Jahren stand es vor dem Aus, konnte damals aber gerettet werden. Auch hat es schon mehrere Hurrikans und Erdbeben überstanden.

(mho)