Videospiel-Streams: Twitch sitzt in der Copyright-Klemme
Wegen zahlloser Urheberrechtsanzeigen muss die Streaming-Plattform Twitch hart durchgreifen. Moniert werden nicht nur Songs, sondern auch Spiele-Soundeffekte.
Die Streaming-Plattform Twitch hat ein Urheberrechtsproblem: Seit Wochen werden Streamer mit Copyright-Anzeigen überhäuft. Zahllose Stream-Aufzeichnungen müssen gelöscht werden, manche Streamer sollen wegen wiederholter Verstöße sogar gebannt worden sein. Twitch bekommt die Flut an Urheberrechtsanzeigen nicht in den Griff – und die Stimmung unter den Streamern verschlechtert sich zusehends.
Auf Twitch werden vorrangig Videospiele gestreamt, die teilweise urheberrechtlich geschützte Musik beinhalten. Zuletzt berichteten einige Streamer, dass sogar Soundeffekte aus dem Spiel mit Copyright-Ansprüchen gekennzeichnet wurden. Der Streamer "michalronin" zeigt auf Twitter einen Screenshot, laut dem das Unternehmen Hollywood Edge Urheberrechtsansprüche auf Wind-Effekte aus dem Online-Rollenspiel "World of Warcraft" erhebt. Ein anderer Streamer hat eine vergleichbare Warnung für Polizeisirenen aus dem Spiel "Persona 5" bekommen. Diese Anzeigen kommen nicht von den Entwicklern selbst, sondern von unabhängigen Unternehmen, die die Soundeffekte offenbar an die Entwickler lizenziert haben.
Leise Streams als stiller Protest
Die Urheberrechtsansprüche auf Sound-Effekte stellen die Streamer vor besondere Probleme: Während die teilweise urheberrechtlich geschützten Soundtracks in vielen Spielen ohne größeren Schaden stummgeschaltet werden können, stellen die Sound-Effekte oft einen noch wichtigeren Aspekt der Spielerfahrung dar. Umso frustrierender ist für viele Spieler die hilflose Reaktion der Amazon-Tochter Twitch: Im Zweifelsfall müsse man einfach den kompletten Spielesound abstellen, schrieb Twitch auf Twitter.
Um ihren Unmut über die Situation zu äußern, haben einige Spieler genau das getan: Sie stellten den Ton in Spielen wie "Beat Saber" und "Resident Evil 2" ab. Das Ergebnis sind Streams, die in ihrer Absurdität durchaus witzig sind – eine langfristige Lösung stellen sie aber nicht dar.
Tausende Anzeigen pro Woche
Während die Kritik an die Streaming-Plattform immer lauter wird, hat Twitch sich in einem Blog-Eintrag für die zahlreichen Urheberrechtsanzeigen entschuldigt, die auf dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) fußen. Insbesondere bereut das Unternehmen den Umstand, dass Streamern bisher kaum Tools zur Verfügung stehen, um gezielt beanstandete Stream-Aufzeichnungen zu löschen. Weil diese Werkzeuge fehlten, mussten mehrere Streamer auf eine Schlag ihre komplette Bibliothek an aufgezeichneten Streams löschen. Derzeit arbeitet Twitch eigenen Angaben zufolge an besseren Tools für die Verwaltung der vergangenen Streams.
Problematisch ist für Twitch vor allem die Menge der Urheberrechtsansprüche: Bis Mai 2020 seien pro Jahr nur 50 Urheberrechtsansprüche auf Musik bei Streamern eingegangen. Dann haben die Musiklabels Twitch offenbar als lukrativen Markt entdeckt: Plötzlich seien tausende DMCA-Anfragen pro Woche bei Twitch eingegangen. Diese Copyright-Anzeigen betreffen laut Twitch vor allem aufgezeichnete Streams und Clips, die teilweise mehrere Jahre alt sind.
Das Ende dieser fĂĽr Streamer frustrierenden Situation ist nicht in Sicht, schreibt Twitch in dem Blog-Eintrag: "Wir bekommen weiterhin eine riesige Menge an Anzeigen und erwarten nicht, dass es weniger wird."
(dahe)