EU-Finanzkommissarin warnt vor Diensten wie Apple Pay und Google Pay

Zahlungsdienste werden zunehmend als Goldgrube für Daten angesehen, weiß EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness. Sie drängt auf eine schärfere Regulierung.

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(Bild: Shutterstock/Pressmaster)

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Die neue EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness beäugt vergleichbare junge Bezahl-Apps wie Apple Pay und Google Pay, Alipay oder WeChat Pay sowie die Ambitionen der dahinterstehenden Konzerne aus den USA und China skeptisch. "Wer die Zahlungssysteme kontrolliert, kontrolliert zunehmend unsere modernen, hoch digitalisierten Volkswirtschaften", gibt die Irin zu bedenken. Die bargeldlosen Dienste für grenzüberschreitende Zahlungen in- oder außerhalb der EU kämen aber nicht aus Europa.

Zahlungsdienste würden zunehmend als eine Goldgrube für Daten angesehen, erklärte McGuinness am Freitag bei einer virtuellen Konferenz der Bundesbank zur Zukunft des europäischen Zahlungsverkehrs. "Jeder, der Zugang zu diesen Daten hat, weiß sehr viel über unseren Geschmack, unsere Vermögensverhältnisse und unsere Gewohnheiten."

Dieser Schatz sei der Aufmerksamkeit gerade der Unternehmen nicht entgangen, "die oft zu den größten der Welt gehören und die von Daten leben", konstatierte die Irin, ohne Namen zu nennen. "Sie zeigen immer mehr Interesse an Zahlungen, einige von ihnen erwerben sogar Lizenzen von Zahlungsdienstleistern." Die Datenkonzerne schwängen sich so zu den größten Konkurrenten der Banken auf.

Die Kommissarin sprach von einer "Revolution im Zahlungsverkehr", die sich in einer schärferen Kontrolle widerspiegeln müsse. Gleiche Wettbewerbsbedingungen seien wichtiger denn je zuvor: "Unternehmen, die in den Zahlungsverkehrsmarkt eintreten, wer auch immer sie sind und woher auch immer sie kommen, müssen dem gleichen Regulierungs- und Aufsichtsniveau unterworfen werden."

Zugleich bedauerte die Konservative, dass die europäische Wirtschaft den Mobil-Lösungen der datengetriebenen Wirtschaft aus anderen Kontinenten wenig entgegenzusetzen habe. Es gebe zwar viele inländische Zahlungsmittel in Europa. Einige von ihnen seien "relativ neu und modern" wie Sofortzahlungen und Handy-Apps. Diese kämen vor allem bei den jüngeren Generationen gut an. Aber man könne sie nicht zuverlässig über Grenzen hinweg benutzen: "Das ist unsere fragmentierte europäische Realität heute" – und die müsse sich ändern.

McGuinness lobte daher die von einem europäischen Bankenkonsortium in diesem Jahr angeschobene European Payments Initiative, mit der eine moderne europäische Zahlungsinfrastruktur aufgebaut werden solle. Es sei gut, dass sich mit Worldline und Nets gerade zwei europäische Zahlungsdiensteanbieter der Allianz angeschlossen hätten.

Auch auf das im September präsentierte Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors verwies die Vertreterin der Brüsseler Regierungsinstitution. Damit soll etwa ein vollständig integriertes Massenzahlungssystem in der EU entstehen, das auch Lösungen für grenzüberschreitende Sofortzahlungen umfasst. Dieser Ansatz ist für McGuinness entscheidend: "Wenn wir erwarten, dass unsere Zahlungslösungen erfolgreich sind und mit globalen Akteuren konkurrieren, brauchen sie eine globale Reichweite."

Neue Dienste unterstütze die Kommission auch mit der umstrittenen EU-Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 zur Marktöffnung im Bankensektor, meinte die 61-Jährige. Zugleich erinnerte sie daran, dass die damit verknüpften Vorgaben für eine "starke Kundenauthentifizierung" in wenigen Wochen nach einer 16-monatigen Verzögerung nun auch für den Online-Handel griffen. Es sei nicht einfach für alle betroffenen Firmen, ihre Systeme entsprechend umzustellen. Sie habe daher jüngst die Mitgliedsstaaten um einen Bericht zum Umsetzungsstand gebeten.

Bei der potenziellen Einführung eines digitalen Euro aufgrund zunehmender bargeldloser Zahlungen hat es die Kommissarin nicht eilig. Sie dankte der Europäischen Zentralbank, entsprechende Überlegungen angestellt zu haben und eine öffentliche Konsultation durchzuführen. Bei einem solchen Projekt bestünden "eine Reihe wichtiger Herausforderungen und Risiken, die wir gründlich bedenken müssen. Im aktuellen Stadium gebe es dazu "mehr Fragen als Antworten".

(tiw)