IPCEI Mikroelektronik: EU-Halbleiterfertigung für mehr als 100 Milliarden Euro

Ab 2025 soll das „Important Project of Common European Interest“ moderne Chips in Europa hervorbringen – 2-nm-Prozesstechnik ist bereits geplant.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 17 Kommentare lesen
Wafer-Handling bei Infineon

(Bild: Christof Windeck / c't)

Lesezeit: 3 Min.

17 EU-Mitgliedsstaaten rufen ein neues „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) zur Förderung der europäischen Halbleiterindustrie ins Leben. Das IPCEI Mikroelektronik II genannte Projekt soll einen großen Anteil vom Budget des Europäischen Aufbauplans (European Recovery and Resilience Plan) erhalten – von bis zu 145 Milliarden Euro innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre ist die Rede. Weitere Investitionen erwartet die EU vonseiten der heimischen Halbleiterfirmen.

Das IPCEI ME-II erneuert das Ende 2018 ins Leben gerufene IPCEI Mikroelektronik, das 1,75 Milliarden Euro für die Halbleiterindustrie bereithielt, primär in Deutschland. Die zweite Iteration soll nun europäischen Unternehmen unter die Arme greifen, die Chipdesigns wie Prozessoren entwerfen, aber auch die Entwicklung moderner Fertigungsprozesse vorantreiben und beim Bau entsprechender Produktionsstätten helfen. Laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gibt es allein in Deutschland einen Förderbedarf von mehreren Milliarden Euro.

Das Ganze geht mit EuroHPC und der European Processor Initiative (EPI) zur Entwicklung von leistungsstarken ARM- und RISC-V-Prozessoren für europäische Rechenzentren einher. Letztere designt derzeit das französische Unternehmen SiPearl, das auch eine deutsche Niederlassung hat.

In einer Vorerklärung zum IPCEI Mikroelektronik II schreiben die EU-Mitgliedsstaaten, dass europäische Fabs künftig Siliziumchips mit Strukturbreiten von 2 Nanometern produzieren sollen. Der Bau einer solchen Produktionsstätte kostet allein schon zweistellige Milliardenbeträge.

Bisher fertigen europäische Hersteller mit älterer Prozesstechnik. STMicroelectronics (ST) etwa produziert mit 28-nm-Strukturen. In Dresden laufen 22-nm-Chips vom Band, allerdings unter Leitung der arabischen Firma Globalfoundries. Infineon und ST gehören zu den 15 weltweit umsatzstärksten Halbleiterfirmen. Europäische Chiphersteller, zu denen etwa auch NXP und Bosch gehören, sind vor allem im Bereich der Automobilelekronik (Automotive) stark. Es laufen auch bereits nationale Förderprojekte wie in Deutschland etwa Scale4Edge für RISC-V-Technik sowie für vertrauenswürdige Chips, um die digitale Souveränität zu stärken.

Mit der niederländischen ASML hat Europa einen wichtigen potenziellen Partner für moderne Fertigungstechnik: ASML liefert als einziges Unternehmen Belichtungsmaschinen mit extrem-ultravioletten (EUV-)Wellenlängen, die auch TSMC, Samsung und Intel bei ihren Prozessen ab 7 nm einsetzen. Erstere beiden Firmen liefern derzeit 5-nm-Prozessoren aus. Von den beiden Preisträgern des Deutschen Zukunftspreis' 2020 war Zeiss bereits am IPCEI ME-I beteiligt.

Firmen hatten bis zum 4. Dezember 2020 Zeit, Projektvorschläge für das IPCEI Mikroelektronik II einzureichen. Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Spanien und Zypern haben die Erklärung bisher unterschrieben. Die anderen EU-Mitgliedsstaaten haben dafür noch einige Wochen Zeit. (mma)