Windgetriebener Ball soll Mars erkunden
NASA-Wissenschaftler wollen den Mars mit einem sechs Meter groĂźen, aufblasbaren Ball erforschen.
Ein Unfall in der Mojave-Wüste bei Tests für ein neues, aufblasbares Mars-Erkundungsfahrzeug hat Forscher des Jet Propulsion Laboratory (JPL) zufällig auf die Idee zu einem neuen Fortbewegungsmittel für den Mars gebracht: Das schulterhohe, luftgefüllte Rad, das sich unbeabsichtigt von dem ursprünglich zu testenden Mars-Rover losriss und die Sandhügel, nur vom Wind angetrieben, mühelos hinter sich liess, könnte bei künftigen Mars-Missionen in Form eines Balles zum Einsatz kommen – und zwar alleine, ohne Rover.
Die JPL-Forscher arbeiten nun daran, wie sie den Ball am Besten steuern und mit technischen Instrumenten ausrüsten können. Wissenschaftliche Instrumente wie Magnetometer oder ein Radar zur Wassersuche könnten in der Mitte des Balles durch Spannseile platziert werden – Kameras, ebenso im Inneren montiert, das Terrain überblicken. Daneben denken die Wissenschaftler darüber nach, ob die aus starkem Nylon gefertigte Außenhaut des Balls nicht gleichzeitig noch als Fallschirm und Airbag bei der Landung eingesetzt werden könnte, um die Fallgeschwindigkeit von 30 Metern pro Sekunde zu überstehen.
"Der Wind, der über die Oberfläche des Mars weht, würde als einzige Antriebsquelle ausreichen, um den großen Ball über den roten Planeten vorwärts zu bewegen", erklärt JPL-Forscher Jack A. Jones, der neben der neuen Entdeckung auf noch andere, aufblasbare Fahrzeuge für Weltraummissionen entwickelt. Erste Tests in diesem Sommer mit einem 1,5 Meter großen Prototypen haben die Forscher positiv überrascht und sie erwarten, dass es für einen 6 Meter großen Ball kein Problem sein sollte, auch über meterhohe Steine zu klettern und in der dünnen, aber immer leicht windigen Mars-Atmosphäre Steigungen bis 25 Grad zu erklimmen. Da die Oberfläche des Mars teilweise stark zerklüftet ist, können sich herkömmliche Marsfahrzeuge wie zum Beispiel der Pathfinder nur mühsam und langsam auf der Oberfläche fortbewegen und müssen um größere Felsbrocken herummanövriert werden.
Der etwa 20 Kilogramm schwere Ball, der einmal das gleiche Gewicht an wissenschaftlichen Instrumenten in seinem Inneren befördern soll, ist so ausgewichtet, dass er eine bevorzugte Rotationsachse besitzt. Zwei gegenüberliegende Gewichte halten den Ball beim Rollen auf geradem Weg. In den nächsten Tests wollen die Wissenschaftler herausfinden, wie sich durch das Verschieben von Masse innerhalb des Balles dessen Richtung beeinflussen und sich so gezielt lenken lässt. Eine Richtungsänderung könnte beispielsweise durch das Hinein- bzw. Herauspumpen einer Flüssigkeit in die linke oder rechte äußere Hälfte des Balles herbeigeführt werden. Um den Ball zu stoppen, weil die Wissenschaftler am Boden beispielsweise etwas interessantes sehen wollen, wird per Fernbedienung aus einem Kissen des Balls die Luft teilweise herausgelassen, so dass der Ball zum Stehen kommt. Soll die Reise weitergehen, wird das "platte" Kissen aus ebenfalls im Inneren des Balls liegenden Tanks mit komprimierten Gas wieder aufgeblasen und der Ball wird wieder rund. Mit seinen sechs Metern Durchmesser könnte der Ball bei den typischen Nachmittagswinden von 20 Metern pro Sekunde eine Geschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde auf der Marsoberfläche erreichen, so die Forscher.
"Das ist noch alles sehr experimentell, aber ich bin sicher, dass es funktionieren wird", so Jones. Der Wissenschaftler ist davon überzeugt, dass seine Entdeckung nicht nur auf dem Mars, sondern auch auf anderen Planeten wie Pluto, auf dem Neptun-Mond Triton oder dem Jupiter-Mond Io, die alle die gleiche dünne Atmosphäre kennzeichnet, als Erkundungsfahrzeug dienen kann. Noch Ende diesen Monats wollen die JPL-Forscher weitere Praxistests in der Wüste mit dem Ball durchführen, dann erstmals mit einem eingebauten Radar zum Auffinden von Wasser im Erdboden. Nächstes Jahr soll der Ball dann tausende von Kilometern in der Arktis und Antarktis zurücklegen, deren Oberfläche der des Mars´ ähnlich ist. (Andreas Grote) / (wst)