Biometrischer Durchblick

Weil sie individuell auf die Augen abgestimmt sind, soll man mit den Brillengläsern von Rodenstock merklich schärfer sehen. Unser Autor hat den Test gemacht.

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Robert Thielickes Iris mit über die Linse gelegten Messkurven.

(Bild: Rodenstock)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Robert Thielicke

Kaum hatte ich meine erste Gleitsichtbrille, baute ich einen Unfall: Ich fuhr bei Nacht den Außenspiegel eines parkenden Wagens ab. Ich hatte unterschätzt, wie sehr die unterschiedlichen Sehstärken des Glases meine Entfernungsabschätzung verzerren würden.

Dann merkte ich, wie verkrampft ich vor dem Computerbildschirm den Kopf hielt, wenn meine Augen müde wurden. Ich musste den Kopf leicht in den Nacken legen, um durch den Lesebereich der Brille noch die Buchstaben erkennen zu können.

Geht das nicht besser? Brillenhersteller Rodenstock glaubt: ja. Er hat sich darangemacht, die klassische Methode zur Berechnung von Brillengläsern abzulösen. Seit über 100 Jahren nutzen Optiker dafür das sogenannte Gullstrand-Auge, benannt nach dem schwedischen Mediziner Allvar Gullstrand. Weil es aber nur Standardwerte enthält, etwa für die Brechzahl der Hornhaut oder die Augenlänge, ist die Sehkorrektur wenig individuell. „Die Länge eines Auges etwa kann um bis zu einen Zentimeter schwanken“, sagt Rodenstock-Forschungsleiter Dietmar Uttenweiler.

Rodenstocks Antwort darauf ist der DNEye-Scan: Die Methode bestimmt die Unebenheiten auf der Hornhaut, den Abstand der Hornhaut von der Linse sowie Durchmesser und Brechkraft des Glaskörpers. Aus 7000 Messpunkten berechnet ein extra entwickelter Algorithmus „in 10 bis 15 Sekunden“ die genaue Form des Brillenglases. Statt einer einfachen Zunahme der Sehstärke vom oberen Brillenrand zum unteren werden viele winzige Bereiche unterschiedlicher Brechkraft in die Gläser geschliffen.

Rodenstock bot mir an auszuprobieren, ob ich den Unterschied merke – ich sagte zu. Zwei Gläser kosten mindestens 1200 Euro, ein stolzer Preis für ein Produkt, bei dem niemand den Erfolg garantieren kann. Mir fiel die Entscheidung leicht – ich durfte sie kostenlos testen. Die verschiedenen Messungen dauerten etwa 45 Minuten.

Als ich die neue Brille nach zwei Wochen aufsetze, habe ich tatsächlich das Gefühl, deutlich klarer zu sehen als zuvor. Das übliche Kopfweh und das leichte Schwindelgefühl, das mit jedem neuen Brillenschliff einhergeht, verschwand nach einem halben Tag. Bei einem nächtlichen Autofahr-Test habe ich nicht mehr das Gefühl, schlechter zu sehen als ohne Brille. Einen Außenspiegel habe ich auch nicht abgefahren. Der spürbarste Unterschied für mich ist jedoch: Ich sitze nicht mehr mit unnatürlich nach oben geneigtem Kopf vor dem Bildschirm und suche deutlich seltener nach dem Lesebereich im Glas.

Ob das reicht? Auch die biometrischen Gläser können eine Sehschwäche nur verbessern, nicht beseitigen. Ob die Verbesserung weit genug geht, wird immer eine subjektive Einschätzung sein. Wer also mit seiner Gleitsichtbrille zufrieden ist, sollte dabei bleiben. Wer es nicht ist oder auf eine Gleitsichtbrille umschwenken will, sollte es sich ernsthaft überlegen.

Produkt: B.I.G. Vision
Hersteller: Rodenstock
Preis: ca. 1200 Euro

(bsc)