Cloud-Projekt Gaia-X: Kentern unausweichlich

Das Cloud-Projekt ist mit viel Aufruhr und Steuermilliarden gestartet. Doch nun sind auch die Konzerne eingestiegen, von denen man sich eigentlich lösen will.

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Illustration kenterndes Boot
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Georg Schnurer

Von Europa für Europa, tönte es seinerzeit, als Politiker verkündeten, dass nun Gaia-X gestartet würde, um die nächste Generation einer Dateninfrastruktur für Europa zu entwickeln. Klares Ziel der mit Steuermilliarden geförderten Initiative soll es sein, Europa unabhängiger von US-amerikanischen Giganten und Datensammlern wie Microsoft, Amazon und Google zu machen. Es sollte ein sicherer Hafen für europäische Daten entstehen, europäische Unternehmen sollten gefördert und die europäische Unabhängigkeit sichergestellt werden.

Das Ziel von Gaia-X war ambitioniert und viele bezweifelten, dass es Europa tatsächlich schaffen könnte, sich von den US-Großkonzernen zu emanzipieren. Die Zweifler sollten recht behalten: Noch bevor Gaia-X erste konkrete Ergebnisse vorzuweisen hat, heißt man Microsoft, Google und Amazon als Gründungsmitglieder willkommen. Damit sind die amerikanischen Großunternehmen ein Teil von Gaia-X.

Sitzen Microsoft, Google und Amazon aber mit im Boot, ist es schon allein aufgrund des technologischen Gewichts dieser Partner unvermeidbar, dass das Projekt in Schieflage gerät. EchtenDatenschutz nach europäischen Standards kann es mit amerikanischen Anbietern nicht geben, schließlich ist jedes US-Unternehmen per Gesetz verpflichtet, Daten von Nutzern an US-Behörden herauszugeben, egal ob diese nun in den USA oder sonst wo auf der Welt gespeichert werden.

Außerdem glaubt doch niemand, dass Amazon, Google und Microsoft es hinnehmen werden, wenn kleine europäische Anbieter bei der Vergabe von Aufträgen innerhalb von Gaia-X bevorzugt werden. Eine wirklich konkurrenzfähige europäische Industrie kann sich bei solchen Partnern kaum etablieren.

Unterm Strich verkommt Gaia-X so zu einer Farce. Im Ergebnis liefert das teure europäische Projekt nun wahrscheinlich keine unabhängige europäische Dateninfrastruktur, sondern vielmehr ein willkommenes Feigenblatt für amerikanische Datensammler und Gewohnheitsmonopolisten.

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