Bit-Rauschen: Intel unter Druck, AMD in Fahrt und ARM-Erfolge

Investoren verlieren die Geduld mit Intel. Der taiwanische ARM-Spezialist MediaTek zieht an Qualcomm vorbei und AMD freut sich auf den Superrechner Frontier.

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Intel steht gewaltig unter Druck – nicht nur durch zunehmende x86-Konkurrenz von AMD und bei Servern auch durch neue ARM-Chips, sondern ebenso durch Investoren. Der Hedgefonds Third Point des Milliardärs Daniel S. Loeb verlangt, dass Intel endlich gegensteuert. Noch immer ist nicht absehbar, wann Intel seine Fertigungsprobleme überwindet. Hoffnungen ruhen derzeit auf der für Ende 2021 versprochenen CPU-Generation "Alder Lake".

Doch zuletzt kamen Hiobsbotschaften wie die Einschätzung der Analysten von Jefferies, dass in Amazons AWS-Cloud bereits 10 Prozent der reinen CPU-Instanzen auf den hauseigenen ARM-Prozessoren Graviton und Graviton2 laufen. Obendrein meldete Bloomberg, Microsoft wolle ebenfalls eigene ARM-Chips entwickeln, sowohl für die Azure-Cloud als auch für Surface-Tablets. Intels Aktienkurs sackte im Jahr 2020 um 17 Prozent ab, während es bei AMD um 90 Prozent bergauf ging. Der Einstieg des eingangs erwähnten Hedgefonds mit rund 1 Milliarde US-Dollar – 0,5 Prozent des Intel-Börsenwerts – hob den Aktienkurs zwar deutlich an, aber Daniel Loeb drohte in einem offenen Brief auch gleich mit Klagen. Angeblich sucht Intel derzeit nach einem neuen CEO, der den Chip-Tanker wieder auf Kurs bringt.

Qualcomm hat bereits einen neuen CEO gefunden, zur Jahresmitte übernimmt das "Eigengewächs" Cristiano Amon das Ruder von Steve Mollenkopf. Auch bei Qualcomm läuft es nicht ganz so wie erhofft, denn im dritten Quartal 2020 setzte sich die taiwanische Firma MediaTek an die Spitze der Smartphone-Prozessorlieferanten. MediaTek verkauft vor allem viele ARM-Chips für billige Smartphones und punktet damit in Asien, sogar Huawei kauft bei MediaTek zu. Außerdem hat es MediaTek – anders als etwa Intel – geschafft, ein 5G-Modem zu entwickeln. MediaTek-Chips treiben zudem unter anderem auch smarte Fernseher an, insgesamt meldet die Firma für 2020 fast 2 Milliarden verkaufte Geräte mit den hauseigenen Chips.

Einen Boom erlebt derzeit auch die Kryptowährung Bitcoin: Der Kurs schoss über 30.000 US-Dollar hinaus, was wiederum den Bau von Rechenzentren zum Schürfen (Mining) digitaler Coins befeuert. Die chinesische Firma Bitmain fertigt dafür nicht nur Spezialchips, sondern betreibt bei Rockdale in Texas auch ein 30-Megawatt-Rechenzentrum mit Bitcoin-Minern in den Gebäuden einer ehemaligen Aluminiumhütte der Firma Alcoa. In Texas gibt es angeblich viel billigen Windstrom und das Alcoa-Gelände ist gut ans Stromnetz angebunden, weil direkt daneben ein altes Kohlekraftwerk steht. Das wurde 2008 teilweise abgeschaltet, weil es zu viele Schadstoffe emittierte – daraufhin lohnte sich die energieaufwendige Alu-Produktion dort nicht mehr. Nun hofft Rockdale auf einen Krypto-Mining-Boom, denn schon entsteht ein zweites Rechenzentrum mit gleich 200 Megawatt, und zwar von der Firma Whinstone US, die mittlerweile zur Northern Data AG mit Sitz in Frankfurt am Main gehört. Northern Data baut auch Kapazitäten in Kanada sowie in Norwegen aus, etwa in einem ehemaligen Olivin-Bergwerk bei Lefdal: Dort gibt es billigen Strom aus Wasserkraft und Kühlwasser aus dem kalten Fjord direkt vor der Tür.

Im Vergleich zum 200-Megawatt-Rechenzentrum für Bitcoins nehmen sich 30 Megawatt für den kommenden "Frontier"-Supercomputer mit 1,5 Exaflops Rechenleistung am Oak Ridge National Laboratory (ORNL) in Tennessee bescheiden aus. Doch die elektrische Leistung wird in der dortigen Oak Ridge Leadership Computing Facility (OLCF) auf viel engerem Raum in Abwärme umgesetzt, nämlich auf 1900 Quadratmetern Fläche in etwas mehr als 100 Cray-Racks. Die OLCF veröffentlichte schöne Bilder vom Umbau des Rechenzentrums im ORNL-Gebäude 5600, in dem sich zuvor der "Titan" mit 27 PFlops an die Spitze der Top500-Liste aus dem November 2012 rechnete.

Für einen schnellen Supercomputer wie Frontier braucht man nicht bloß starke Prozessoren, sondern auch dicke Wasserpumpen und fähige Klempner.

Das 55-mal so schnelle Frontier-System ist viel schwerer und benötigt riesige Rohrleitungen und Umwälzpumpen für sein Kühlwasser. Offenbar braucht man für schnelle Supercomputer vor allem fähige Klempner. Jeder Frontier-Rechenknoten besteht aus einem speziell angepassten AMD Epyc plus vier Instinct-MI-Beschleunigern, die Cache-kohärent per Infinity Fabric verbunden sind – also ähnlich wie die Unified Memory Architecture (UMA) in Apples M1, bloß im King-Size-Format.

Ein Hinweis in eigener Sache: Am 20. Januar ist der Audio-Podcast "Bit-Rauschen" gestartet – hören Sie doch mal rein.

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(ciw)