Kommentar: Clubhouse – der Hype um die Live-Podcasts mit Datenschutzmängeln

Alle wollen ins Clubhouse und Live-Podcasts lauschen. Das ist allerdings "Invite-only" und an der Tür muss man seine Daten abgeben. Ist der Hype berechtigt?

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Geschafft! Es hat ein bisschen gedauert, aber ich bin drin. Drin im neuen heißen Scheiß namens Clubhouse. Und damit liebe Freunde, die ihr in meinen Kontakten auftaucht, hat der Anbieter auch alle eure Nummern. Clubhouse ist nicht nur extrem gehypte Live-Podcast-App, Clubhouse will auch möglichst viel wissen!

Aber von vorne. Da taucht plötzlich ein neues soziales Netzwerk auf und alle wollen rein. In den USA lief das bereits vorm Sommer so, in Deutschland ist die App jetzt erst verfügbar und man kann allerhand Leuten lauschen, wie sie drauflosreden – darunter auch Promis wie Thomas Gottschalk. Nur können das eben nicht alle. Reinzukommen ist gar nicht so einfach, man kann nämlich bisher nur auf Einladung teilnehmen und das auch nur, wenn man ein iPhone hat. Jeder, der es geschafft hat, kann dann wiederum zwei Kontakte dazuholen, allerdings nur, wenn er der App Zugriff auf das Telefonbuch gewährt. Künstliche Verknappung heißt diese Vorgehensweise, die bei Werbern beliebt ist. Für die Eingeladenen bürgt man auch sogleich.

Die App soll sehr streng mit Klarnamen und Profilbildern sein. Wenn man sich fragt, wie sie das kontrollieren wollen – nunja, Clubhouse möchte nicht nur Zugriff auf die Kontakte, sondern auch auf Twitter und andere soziale Netzwerke, Interessen, Kalender und natürlich das Mikrofon. Freilich greift die App alles ab, was sonst noch geht: Standort, Endgerät, etc. In der Privatsphärerichtlinie heißt es: "Wir sammeln Inhalte, Kommunikation und andere Informationen, die du uns gibst, inklusive wann du dich registriert hast, wann du Inhalte erstellt und geteilt hast sowie mit wem und was du kommunizierst hast." Die Server stehen in den USA. Datenschutzrechtlich ist da vieles fragwürdig.

Ein Kommentar von Eva-Maria Weiß

Eva-Maria Weiß hat an der Universität Wien Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpsychologie studiert und arbeitet seither als Journalistin.

Freigiebig, wie wir aber alle mit unseren Daten sind, bietet Clubhouse uns die Möglichkeit, Live-Podcasts zu hören oder selbst zu starten. Natürlich kann man seinen Kontakten folgen und sich informieren lassen, sobald diese irgendwo sprechen. Entweder tritt man so einem Podcast bei oder man nutzt die Vorschläge, die Clubhouse einem auf Basis der angegebenen Interessen macht. Jeder sieht, wer alles zuhört. "Hübsch" ist derzeit, dass quasi alle als Newbies mit einer Partytröte im Profilbild markiert sind. Wer reden möchte, kann die Hand heben. Alle Gespräche werden, freilich aus Sicherheitsgründen, aufgezeichnet. Clubhouse rechtfertigt das auch damit, dass es ja Podcasts sind.

Risikokapitalgeber Andreessen Horowitz, der früh in unter anderem AirBnB, Facebook, Twitter und GitHub investiert hatte, steckte im vergangenen Mai zwölf Millionen US-Dollar in Clubhouse. Damit wurde das Start-up mit 100 Millionen US-Dollar bewertet – als es erst 1500 Nutzer hatte. Dürfte sich inzwischen gelohnt haben. Alleine die bereits jetzt eingesammelten Daten sollten das Geld wert sein.

Es kann für den Anbieter aber auch noch schöner kommen und Clubhouse setzt sich wirklich auf Dauer durch. Ist das wahrscheinlich? In den USA ist der Hype jedenfalls wieder ein wenig abgeflacht. Findet man spannende Gespräche, Menschen, denen man auch anderswo folgt, gibt es nun eben die Option, ihnen zu lauschen, statt sie zu lesen. Das kann für manch sendungsbewusste Menschen spannend sein. Die Einstiegshürden, einen eigenen Podcast aufzubauen, sind, abgesehen von der Einladung, gering.

Neben dem Datenschutz könnte aber fehlende Zeit der Hörer ein weiteres Hindernis sein. Podcasts lassen sich schlechter nebenbei konsumieren als Facebook-Feeds. Abgesehen davon: Mangel an Angeboten für Podcasts herrscht eigentlich nicht.

(emw)