Fleischersatzprodukte: Das Geschäft mit der Gewohnheit

Vegetarische und vegane Alternativen zu Wurst und Schnitzel boomen wie nie zuvor. Doch ist das wirklich ein Zeichen für ein höheres Umweltbewusstsein?

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Burger mit pflanzlichen Patties – hier zu sehen in einem Berliner Restaurant.

(Bild: Paul Kapischka (unsplash))

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Karl-Gerhard Haas
Inhaltsverzeichnis

Nach den Hungerjahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs galt es jahrzehntelang in Deutschland Ost wie West als gesetzt: Wer sich täglich Fleisch leisten kann, hat es zu etwas gebracht. Fleischkonsum als Wohlstandsindikator, der tief in unseren Essgewohnheiten verankert ist. Dennoch sind Vegetarismus und Veganismus nichts Neues – aber noch in den 1990er-Jahren wurden seine Anhänger gern als Körnerfresser verspottet; ihre Mahlzeiten belächelte man als ebenso freud- wie geschmacklos. Doch das muss nicht sein, wie zahlreiche Start-ups zeigen.

Inzwischen scheinen vegetarische und vegane Ernährung in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. Entsprechende Produkte gibt es nicht nur im alternativen Bioladen, sondern im Sortiment von Supermärkten und Discountern. Manchmal mit zu viel Erfolg: Im Frühjahr 2019 vergrätzte Lidl mit viel zu schnell ausverkauften Beyond-Meat-Burgern potenzielle Kunden. Und das, obwohl die fleischlosen Patties teurer waren als die aus Rindfleisch.

Ist dies nur Medienrummel – oder bewegt sich die Gesellschaft tatsächlich in Richtung bewussterer Ernährung? Die in Nürnberg ansässige Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) konstatierte in ihrem Consumer Index vom November 2019: „Zwischen November 2018 und Oktober 2019 ist der Umsatz mit Veggie-Produkten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17 Prozent gestiegen.“ Bei der als Fleischwarenhersteller bekannten Rügenwalder Mühle betrug laut ihrer Sprecherin Claudia Hauschild „im Juli 2020 der Umsatzanteil der vegetarischen und veganen Alternativen 53 Prozent – damit haben wir zu diesem Zeitpunkt erstmalig mehr Umsatz mit den Alternativen gemacht als mit unserem klassischen Sortiment.“