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Scheuer lässt Internetanschluss verlegen

Schülerin hält Referat im Schnee, der zuständige Minister schaltet sich daraufhin höchstpersönlich ein.

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Diese Schnee-Idylle ohne 17-jährige Schülerin könnte einen der weißen Flecken der Breitbandlandschaft symbolisieren.

(Bild: dpa / Holger Hollemann)

Lesezeit: 2 Min.

Sie kennen das: An manchen Tagen bröckelt Ihr Internetanschluss vor sich hin, irgendwann ist er ganz tot. Sie rufen Ihren Provider an, hangeln sich durch Fragen eines Maschinenportiers und stellen sich in eine Warteschleife. Es geht auch anders: Sie lassen sich anrufen, und zwar vom zuständigen Minister leibhaftig. Allerdings müssten Sie womöglich Jahre Wartezeit in Kauf nehmen.

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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Das zeigt sich nun am Fall einer 17-Jährigen Schülerin aus dem bayerischen Vierkirchen. Wie so viele junge Menschen wird sie zurzeit zuhause beschult, hat dort aber miserables Internet. Ein Referat über Videokonferenz hielt sie dick eingepackt mit Mütze, Schal und Handschuhen im verschneiten Garten vor dem Haus, weil dort der Empfang einigermaßen ist. Davon erfuhr Scheuer, seines Zeichens Bundesminister für digitale Infrastruktur, und rief in Vierkirchen an. Wenige Minuten nach dem Telefonat habe sich der Internetanbieter gemeldet und versprochen, bis spätestens Montag den Anschluss zu verlegen, wird die Schülerin in diversen Medienberichten zitiert.

Der Vater der Schülerin berichtete: "Wir haben kaum Internet, nicht mal mit dem Handy." Die Probleme gebe es seit Jahren, immer wieder seien Techniker vorbeigekommen, doch nichts habe sich geändert.

So weit, so gut. Mindestens zwei Haken gibt es an der Geschichte: Scheuer erfuhr nicht einfach so von dem Problem der 17-Jährigen, ihr Vater hatte offenbar zumindest über Facebook Wind gemacht. Heute kann sich auf so etwas hin in den sozialen Netzen schnell eine Erregungswelle aufbauen, der nicht einmal ein Minister widerstehen kann.

Diese Wellen können turmhoch anrauschen, aber auch schnell wieder abebben. So wird vielleicht schon am Montag kein Hahn mehr danach krähen und niemand interessieren, ob der Internetanbieter bis dahin tatsächlich den Anschluss verlegt hat. In den weißen Flecken der Breitbandlandschaft wird die Erregungswelle ohnehin nicht aufgeschwappt sein, dort, wo Scheuer oder sein Ministerium für digitale Infrastruktur bisher nicht persönlich eingegriffen haben, um die Versorgung zu verbessern. (anw)