WinDIY: eine Windturbine aus dem 3D-Drucker

Windenergie aus dem Garten – das soll mit WinDIY einfach möglich werden, 3D-Drucker vorausgesetzt. Bis dahin ist aber noch einiges zu tun.

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Kleine, weiße Windmühle vor blauem Himmel.
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Fabian Steppat

Was tun, wenn das Handy beim Campen ausgeht und die Solarzelle einfach nicht genug Sonne abbekommt? Eine Windanlage muss her. Seit einiger Zeit arbeite ich daher an WinDIY, einem Entwurf für eine Windturbine, die jeder mithilfe eines 3D-Druckers herstellen kann. Abgesehen von ein paar mechanischen Standardteilen wie Schrauben, Muttern und Aluminiumprofilen, sind alle Komponenten auf übersichtlichen Druckraum von 20 cm × 20 cm × 20 cm gehalten.

Für die Übertragung der Rotationsenergie habe ich einen Doppelscheibengenerator entwickelt, der ebenfalls zum Großteil aus dem 3D-Drucker kommt, den "Nerdiskerator" (kurz für "NERdiys DISK genERATOR", passend zu meinem Blognamen NerDIY). Ansonsten stecken darin vor allem 20 Neodym-Magnete pro Rotorscheibe und zwölf Spulen in der Statorscheibe. Angetrieben von einem Akkuschrauber erzeugte der so hergestellte Generator während des ersten Tests circa 30 Watt.

WinDIY (10 Bilder)

Das aktuelle Flügeldesign: Der Flügel besteht aus Sparren, welche auf ein 10 mm × 10 mm Aluminiumprofil aufgesteckt werden. Die Struktur wird später mit einem Schrumpfschlauch verschlossen. Der Sockel des Flügels ist über zwei M5-Schrauben mit dem Rest des Flügels verbunden. So kann der Flügel relativ schnell demontiert bzw. ausgetauscht werden.

Die Flügel des Rotors sind in der aktuellen Version in Sparrenbauweise gefertigt und erlauben einen Rotordurchmesser zwischen 0,5 und 1,2 Meter. Dazu steckt man die einzelnen 3D-gedruckten Sparren auf ein Aluminiumprofil und verschließt diese mit einem Schrumpfschlauch. Dank dieser Konstruktion wiegt ein circa 65 cm langer Flügel nur rund 600 Gramm. Die Verbindung mit der Nabe stellt eine einfach zu lösende Kupplung her. Auf diese Weise kann ich nicht nur beschädigte Flügel leicht und schnell austauschen, sondern auch verbesserte Flügeldesigns nachträglich in die bestehende Anlage integrieren.

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Damit die Anlage möglichst autark auf Starkwind oder andere potenziell gefährliche Ereignisse reagieren kann, habe ich verschiedene Sicherheitssysteme eingebaut, die eine zu hohe Drehzahl verhindern. Dazu lässt sich zum Beispiel der Anstellwinkel der Flügel einstellen. Dieser kann über eine Schubstange, die durch die Achse des Generators bis in die Nabe der Turbine geführt wird, variiert werden. Je nach eingestelltem Anstellwinkel ändert sich so die Effizienz, mit der die Windgeschwindigkeit in Rotationsgeschwindigkeit der Turbine umgewandelt wird.

Zusätzlich habe ich eine mechanische Bremse verbaut. Mithilfe von zwei Elektromotoren inklusive entsprechender Untersetzung können zwei Fahrradbremsblöcke auf die Rotorscheibe des Generators gedrückt und die ganze Turbine somit zum Stillstand gebracht werden. Ob und welcher Sicherheitsmechanismus greift, wird automatisch von der Steuerungselektronik bestimmt. Diese entscheidet, basierend auf den Daten verschiedener Sensoren, ob die Windturbine ihre Leistungsabgabe verringern oder gar ganz einstellen muss.

Zu den Sensoren gehören aktuell zwei Hall-Sensoren zur Messung der Generator-Drehzahl, zwei Kraftsensoren, die den Anpressdruck der Bremszylinder messen, und drei Schiebewiderstände, um die Positionen des Pitch-Aktors und der Bremszylinder zu bestimmen. Außerdem überwache ich die Temperaturen des Projekts an verschiedenen Stellen mit vier NTC-Widerständen und zwei Temperatursensoren. Ein Umweltsensor misst schließlich Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck. Derzeit arbeite ich an einer ESP32-basierten Platine, auf der alle Komponenten der Steuerungselektronik untergebracht sind und die auch für andere Turbinen genutzt werden kann.

Erste Tests im Freien zeigten, dass dieses System funktioniert. Die generierte Energie ist aber noch sehr gering. Dies liegt zum einen an dem noch nicht optimal angepassten Generator und zum anderen an dem sehr einfachen Flügeldesign. Trockentests auf einem einfachen Teststand, inklusive Drehzahlmessung, zeigten im Nachhinein, dass der Generator erst ab circa 20 Umdrehungen pro Sekunde nennenswert Energie erzeugt. Das ist eine Rotationsgeschwindigkeit, die meine Windkraftanlage auch an stürmischen Testtagen noch nie erreicht hat.

Es gibt also ein paar Dinge, die an WinDIY optimiert werden müssen. Neben dem Generator sind das vor allem das Flügelprofil und die Elektronik. Auch die Anzahl der Teile will ich weiter verringern und die gesamte Konstruktion noch etwas vereinfachen. Am Ende soll WinDIY eine effiziente Windturbine sein, die jeder Mensch mit einem 3D-Drucker nachbauen und – falls nötig – selbst reparieren kann.

Wer einen Blick auf die aktuelle Version werfen möchte, findet eine ausführliche Aufbauanleitung und weitere Bilder auf meinem Blog. (hch)