Reddit vs. Wall Street: Trade Republic entschuldigt sich für Handelsbeschränkung

Mitten im Reddit-Börsensturm hatte auch die deutsche Handelsapp Trade Republic Käufe von Aktien wie Gamestop zeitweise ausgesetzt. Nun folgt die Entschuldigung.

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(Bild: mundissima/Shutterstock)

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Der Berliner Smartphone-Broker Trade Republic hat sich bei seinen Nutzern für die am vergangenen Donnerstag verhängten Handelseinschränkungen entschuldigt. "Wir haben die Erwartungen an einen modernen, demokratischen und freien Broker enttäuscht", heißt es in einer E-Mail an die Kunden, die heise online vorliegt. Der Ausfall eines Handelsplatzes sowie die hohe Anzahl der Orders für Aktien wie Gamestop hätten schließlich zu dem Stopp geführt.

Ähnlich wie sein US-Pendant Robinhood hatte auch Trade Republic vergangene Woche auf dem Höhepunkt des Börsenkriegs zwischen einer Anlegercommunity und großen Hedgefonds zeitweise keine Kauforder der umkämpften Titel wie Gamestop oder AMC mehr zugelassen. Inzwischen gebe es keine Beschränkungen mehr, erklärte Trade Republic. Beim für die Anmeldung nötigen Video-Ident-Verfahren könnte aber nach wie vor reichlich Geduld nötig sein, wie kurze Tests von heise online zeigten.

Trade Republic zufolge begannen die Probleme am vergangenen Donnerstag kurz nach 7:30 Uhr, als der angeschlossene Handelsplatz Lang & Schwarz Exchange wegen Überlastung von Datenbanken teilweise ausgefallen war. Lang & Schwarz bestätigte gegenüber heise online eine "technische Störung", die bis kurz vor 17 Uhr dauerte.

Trade Republic ist eigenen Angaben zufolge danach auf den Handelsplatz Tradegate Exchange ausgewichen, dennoch habe der "beispiellose Anstieg von Ordern in Werten wie GameStop oder AMC" weiter zu Verzögerungen geführt. Der Handel sei vorübergehend ausgesetzt worden, um die Kapazitäten zu erhöhen. Aber auch das langte dem Schreiben an die Kunden nach wohl nicht, um mit "mehreren tausend Ordern pro Minute" fertig zu werden.

Schließlich habe man sich entschieden, keine Käufe mehr bei sechs Aktien anzunehmen, um den Betrieb weiter zu gewährleisten, erklärt das Unternehmen. Verkäufe wurden aber weiter zugelassen, weil man die Nutzer davor schützen wollte, auf den stark im Wert schwankenden Aktien sitzenzubleiben. In der Nacht zum Freitag habe man die Ressourcen ausgebaut, sodass der Handel am Freitagmorgen wieder normal laufen konnte.

Es sei allein um die Stabilität der Systeme gegangen, betonen die Macher der Broker-App. Mit erhöhten Kapitalanforderungen von Clearinghäusern, die Robinhood für seine Handelseinschränkungen verantwortlich macht, habe der Stopp bei Trade Republic nichts zu tun gehabt. Auch Hedgefonds hätten auf die Entscheidung keinen Einfluss gehabt.

Aktien von Gamestop und AMC waren in den vergangenen Wochen unter anderem bei Usern der Plattform Reddit besonders gefragt. Dabei stellten sie sich gegen sogenannte Shortseller (zu Deutsch Leerverkäufer) wie Citron Research und Melvin Capital, die massiv auf fallende Kurse der besagten Unternehmen gewettet hatten. Daraufhin schossen die Aktienkurse nach oben und einige Hedgefonds erlitten extrem hohe Verluste.

Durch die Handelsrestriktionen bei zahlreiche Brokern sahen sich die Kleinanleger aber auf ihrer Gewinnstrecke ausgebremst. Entsprechend hatten sich auch zahlreiche Privatanleger bei der Bafin über Trade Republic beschwert, erklärte eine Sprecherin der Finanzaufsichtsbehörde. Man gehe den Beschwerden nach und habe Trade Republic mit Nachdruck darauf hingewiesen, rechtliche Anforderungen einzuhalten und Dienste störungsfrei bereitzustellen. Von Trade Republic hieß es, dass man eng mit der Bafin zusammenarbeite.

Aktuell scheint der große Börsenvorstoß abgeflaut zu sein. Größere Sprünge des Gamestop-Papiers und der anderen begehrten Aktien sind ausgeblieben, nachdem es bereits am Montag und Dienstag bergab gegangen war. In den Redditthreads r/wallstreetbets und dem deutschen Pendant r/mauerstrassenwetten, von denen die Kampagnen ausging, sind zahlreiche Durchhalteparolen zu vernehmen: Man solle die Aktie trotz Verlusten halten, um es den Hedgefonds doch noch zu zeigen. Durchschlagende Kaufkraft scheint die Community aber derzeit nicht mehr mobilisieren zu können.

Die Hedgefonds haben sich laut Bericht des Handelsblatts etwas besser positioniert. Mehr als 35 Millionen Gamestop-Aktien hätten die Shortseller demnach zurückgekauft. Die brauchen sie, weil sie für ihre Wetten Aktien geliehen haben, die zurückgegeben werden müssen. Die potenziellen Verluste hätten sie so von 20 Milliarden auf 10 Milliarden US-Dollar halbiert, schreibt die Wirtschaftszeitung unter Berufung auf Daten des Finanzdienstleisters S3 Partners.

Ein politisches Nachspiel könnte das Gamestop-Börsenbeben auch noch haben: Die neue US-Finanzministerin Janet Yellen hat für Donnerstag ein Treffen mit den Spitzen der dortigen Finanzaufsichtsbehörden einberufen, berichtet das Wall Street Journal. Demnach soll diskutiert werden, ob die jüngsten Finanzmarktschwankungen mit Anlegerschutz und fairen, effizienten Märkten vereinbar seien.

(axk)