Laborfleisch soll schmackhafter werden
Gezüchtete Fleischalternativen bestehen meist nur aus Muskelzellen. Forscher entwickelten nun eine Technik, um auch den Geschmacksträger Fett miteinzubauen.
So gut wie das echte Fleisch hier schaut die McMaster-Kreation noch nicht aus.
(Bild: Kyle Mackie on Unsplash)
- Veronika Szentpetery-Kessler
Entscheidend für den authentischen Fleischgeschmack ist neben den Muskelfasern auch das Fett. Deshalb arbeiten Forscher der kanadischen McMaster University daran, beide Komponenten zusammenzubringen. In einem Pilotprojekt mit Mäusezellen züchteten Alireza Shahin-Shamsabadi und Ravi Selvaganapathy zunächst Muskel- und Fettzellen aus Vorläuferzellen jeweils zu flachen Gewebescheiben heran. Dann lösten sie die im Durchmesser zehn Zentimeter großen und etwa ein Blatt Papier dicken Konstrukte ab und schichteten sie übereinander.
Videos by heise
Die Scheiben zogen sich auf etwa 3,5 Zentimeter zusammen und wurden dicker. „Das hilft bei der Erzeugung von dickeren und stabileren Strukturen“, schreiben die Forscher im Fachjournal „Cells Tissues Organs“. Die Muskel- und Fettzellen verbänden sich miteinander. Indem sie die Zusammensetzung der Nährlösung variierten, konnten sie den Fettgehalt zwischen fünf und 35 Prozent justieren. Damit ließen sich später – ähnlich wie bei Milch – Produkte mit verschiedenen Fettgehalten herstellen, und, so hoffen sie, auch eine realistische Marmorierung der Fleischstücke erreichen.
Neuer Ansatz der Fleischzucht
Anders als bisherige Laborfleisch-Ansätze, die auch durch Start-ups wie Mosa Meat und Memphis Meat vorangetrieben werden, entschieden sich die McMaster-Forscher dagegen, ihre Zellen auf einem Gerüst wachsen zu lassen. Damit lassen sich ihrer Meinung nach nicht ähnlich dicht gepackte Gewebe erzeugen, wie man es auf der Zunge gewohnt ist. Bei ihrem Verfahren bildeten die Zellen bei der Gewebebildung genug natürliche Zwischenzellmatrix für die nötige Stabilität und Dichte.
Das Verfahren dürfte sich auch für andere Fleischsorten wie Rind, Schwein und Hühnchen eignen, schreiben die Forscher. Mit seinen Kollegen hat Selvaganapathy bereits Kaninchen-Fleischscheibchen gezüchtet und gekocht. „Es fühlte sich an und schmeckte wie Fleisch“, sagte er der McMaster-Universitätszeitung „Brighter World“.
Selvaganapathy und Shahin-Shamsabadi wollen mit ihrer Technik realistischere und schmackhaftere Laborfleisch-Produkte erzeugen. Wie viele ihrer Konkurrenten sehen sie Kulturfleisch als dringend nötige Alternative zur Tierzüchtung, die enorme Ressourcen an Land und Wasser benötigt. Dafür haben sie inzwischen auch ein Start-up gegründet. Noch sei einiges an Weiterentwicklung nötig, um zu marktfähigen Produkten zu kommen, so die Forscher. Neben neuen Kulturmedien, die den Lebensmittelvorschriften entsprechen, sei es vermutlich nötig, das Gewebewachstum durch elektrische und mechanische Reize zu unterstützen, ähnlich, wie es im Tierkörper passiert.
(vsz)