Gruner+Jahr hofft auf deutlichen Gewinnzuwachs
Nach einem Gewinneinbruch durch Verluste im Multimedia-Geschäft und im Internet, durch Investitionen und die Anzeigenflaute hofft der Verlag nun auf bessere Zeiten.
Der größte europäische Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr erwartet im Zuge seines Spar- und Konsolidierungskurses 2002 wieder einen deutlichen Gewinnzuwachs. "Gruner + Jahr wird das Geschäftsjahr 2002 mit einem deutlich verbesserten Ergebnis abschließen, und zwar auch dann, wenn die Anzeigenmärkte sich nur wenig erholen", sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Kundrun in einem dpa-Gespräch in Hamburg. Er führte die Entwicklung auf die eingeleiteten Kostensenkungsmaßnahmen im Unternehmen zurück.
Milliardeninvestitionen, Multimedia- und Internet-Verluste und die Anzeigenflaute hatten den G+J-Jahresüberschuss im Geschäftsjahr 2000/01 von 284 Millionen Euro auf 42 Millionen Euro einbrechen lassen. Im 2. Halbjahr 2001 legte der Verlag ein Rumpfgeschäftsjahr ein. "Wir haben trotz ungünstiger Rahmenbedingungen im Rumpfgeschäftsjahr (...) operativ schwarze Zahlen geschrieben und das trotz aller notwendigen Anpassungsmaßnahmen", sagte Kundrun. Konkrete Zahlen nannte er nicht.
In mehr als 200 Projekten stellte G+J Arbeitsabläufe auf den Prüfstand, um Kosteneinsparungen bei der Papierbevorratung über die Reisekosten bis zum Einkauf von Büromaterial auszuloten. "Da das nicht überall ausreicht, um negative Entwicklungen der Märkte zu kompensieren, muss es bei einzelnen Titeln und Verlagen zu Anpassungsmaßnahmen kommen, beziehungsweise sind diese bereits vollzogen", berichtete der Manager. "Sehen wir trotz aller Bemühungen keine Perspektive mehr, erfolgen Verkäufe oder Titeleinstellungen wie jüngst bei Bizz oder Homestyle (USA)", betonte Kundrun gegenüber dpa. Im Online-Bereich zog Gruner + Jahr im November vergangenen Jahres ebenfalls die Notbremse, weil die Angebote den Erwartungen hinterherhinkten. Dies bedeutete auch das Aus für das Online-Magazin Computer-Channel und kostete 75 Mitarbeitern den Arbeitsplatz.
Prognosen zum Arbeitsplatzabbau 2002 wollte Kundrun nicht machen: "Auch wenn es gegenwärtig so scheint, als ob ein Prädikat und Beweis für wirtschaftliche Tatkraft sei, wie viele abzubauende Arbeitsplätze ein Manager ankündigt, werde ich keine derartigen pauschalen Erklärungen abgeben." Am Bilanzstichtag 2001 hatte G+J weltweit noch knapp 13.000 Mitarbeiter. Wegen des weiterhin schwachen Anzeigengeschäfts erwartet Kundrun eine Konsolidierung auf dem deutschen Zeitungsmarkt. "Die Zeitungen spüren stärker als andere Mediengattungen die negativen Entwicklungen im Anzeigengeschäft. Das leistet neuen Partnerschaftskonstruktionen sicherlich Vorschub". Auf die Frage nach diesbezüglichen Planungen bei G+J hielt Kundrun sich mit dem Hinweis auf Vertraulichkeit bedeckt.
In der Branche war im vergangenen Jahr wiederholt ĂĽber ein Zusammengehen der Berliner Zeitung (G+J) mit dem Tagesspiegel (Holtzbrinck) spekuliert worden. Dazu gebe es keine konkreten Ăśberlegungen. "Nichtsdestotrotz: es gibt noch mehr Zeitungen als den Tagesspiegel, mit denen es sich lohnt, ĂĽber Kooperationen zu reden." Im Sommer 2001 hatte Kundrun, der auch im Vorstand des G+J- Mehrheitsgesellschafters Bertelsmann ist, einen Verkauf des G+J- Zeitungsbereichs ausgeschlossen.
Im Zeitschriftenbereich setzt der G+J-Chef auf den US-Markt, in dem mit hohen Investitionen die Wirtschaftspresse ausgebaut worden ist. Es werde in Zukunft mehr und mehr globale Zeitschriftenmarken geben. "Und diese stammen überdurchschnittlich oft aus den USA", ergänzte Kundrun. Als denkbare Beispiele nannte er die Expansion von Familien- oder Wissenschaftstiteln (Eltern, Geo) nach Asien. Ähnliche Überlegungen könne man auch für die Wirtschaftspresse anstellen. "Die Wirtschaftsmagazine Impulse in Deutschland, Inc in den USA und Management in Frankreich sind Titel mit vergleichbaren Zielgruppen und Inhalten. Daraus ein Schwungrad zu drehen, ist eine unserer Strategien, die Erfolg verspricht."
Das G+J-Flaggschiff stern war jüngst wegen seiner Berichterstattung über die vermeintliche CSU-Spendenaffäre in die Kritik geraten. Spekuliert wurde in der Medienbranche über die Ablösung der Chefredakteure Thomas Osterkorn und Andreas Petzold. "Wer auch immer sich berufen fühlt, darüber zu spekulieren: Die Entscheidung, wer die richtige Chefredaktion ist, wird immer nur bei mir und Zeitschriftenvorstand Rolf Wickmann liegen", machte Kundrun deutlich. Diese Bewertung der Blattleitung richte sich nicht nach einzelnen Fehlern oder der einen oder anderen politischen Diskussion, "sondern ist immer die Gesamtbeschau dessen, was eine Chefredaktion leistet und erreicht." Und da könne sie einiges aufweisen. (dpa) / (jk)