Bitcoin-Mining: Einzelne Farmen im Iran nehmen bis zu 175 Megawatt auf

Billiger Strom und Unterstützung der Regierung locken vorrangig chinesische Betreiber von Mining-Farmen in den Iran – und sorgen dort für Stromausfälle.

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(Bild: Svetlana Sotnikova/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Mining-Farmen, die Kryptowährungen wie Bitcoin schürfen, sorgen im Iran offenbar für großflächige Stromausfälle. Die iranische Regierung wies im Januar 2021 die Schuld von sich und machte chinesische Betreiber verantwortlich. Recherchen des französischen Fernsehsenders France 24 zeigen jedoch, dass der Staat ausländische Großinvestoren willkommen heißt und bestens Bescheid weiß.

Laut France 24 befinden sich mindestens 14 Mining-Farmen im Iran, die von ausländischen Firmen betrieben werden. Die größte gehört demnach dem Betreiber RHY Global Mine, der seit 2017 in Iran operiert. Die Mining-Farm hat nach eigenen Angaben einen Energiebedarf von 175 Megawatt. Alle iranischen Rechenfarmen zusammen sollen auf 300 bis 450 Megawatt Energiebedarf kommen.

Geht man davon aus, dass die Mining-Farmen durchgehend laufen, benötigen sie im Jahr fast bis zu vier Millionen Megawattstunden Energie (450*24*365). Ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland benötigte laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2018 etwa 3113 Kilowattstunden. Umgerechnet würde der Energiebedarf der iranischen Miner also für fast 1,3 Millionen Haushalte ausreichen.

In Iran ist Strom besonders günstig, was Betreiber solch riesiger Mining-Farmen anlockt. France 24 zeigt ein RHY-Dokument, laut dem eine Kilowattstunde "im Nahen Osten" gerade einmal 2,2 Cent kostet. Zum Vergleich: Private Haushalte in Deutschland zahlen rund 30 Cent. Teilweise soll es sich für die Betreiber lohnen, eigene Kraftwerke direkt neben den Mining-Farmen zu bauen und zu betreiben.

Ausschnitt von RHYs Mining-Farm in Iran.

(Bild: RHY)

Viele Kryptowährungen benötigen Rechenleistung, um neue Blöcke innerhalb der Blockchain zu verifizieren – der sogenannte Proof of Work (PoW). In diesen Blöcken sind alle getätigten Transaktionen enthalten. Im Falle von Bitcoin funktioniert das seit Jahren nur noch mit anwendungsspezifischen integrierten Schaltungen (ASICs) profitabel, die am laufenden Band SHA-256-Hashes errechnen.

Kommt ein Miner auf den richtigen Hash-Wert zur Validierung eines Blockes, erhält er als Belohnung einen Bitcoin gutgeschrieben. Um die Chance zu steigern, setzen Mining-Farmen auf Hunderte bis Zehntausende Systeme zum Schürfen. Dabei kommen vorrangig die Antminer des chinesischen Herstellers Bitmain zum Einsatz.

Nach eingebrochenen Kursen im Jahr 2018 steigt der Wert von Bitcoin seit Mitte 2019 wieder an, genauso wie die Kurse vieler anderer Kryptowährungen. Derzeit hält sich Bitcoin stabil bei mehr als 30.000 Euro. Folglich wird auch das Mining erneut lukrativer. Grünere Firmen betreiben ihre Mining-Farmen im Norden, etwa auf Island oder in Norwegen, um dort Wasserkraft für den Betrieb zu nutzen. Die kühleren Temperaturen vereinfachen dort zudem die Kühlung der Rechensysteme.

Ethereum, die zweitgrößte Kryptowährung nach Marktkapitalisierung, erlebt nach einer Talfahrt in den Jahren 2018 und 2019 ebenfalls eine Renaissance. Da der eingesetzte Ethash-Algorithmus mit der Speicherübertragungsrate skaliert, setzen Miner vornehmlich Grafikkarten mit flottem GDDR-SDRAM zum Schürfen ein.

Die knappe Verfügbarkeit der GPU-Serien Nvidia GeForce RTX 3000 und AMD Radeon RX 6000 soll abseits von Komponentenmangel auch mit Minern zusammenhängen – insbesondere aus China. Mit Kursen weit jenseits der 1000 Euro ist Ethereum-Mining offenbar profitabel genug, dass laut einem Weibo-Post selbst Notebooks mit RTX-3000-Grafikchips in großen Mengen zum Schürfen herangezogen werden. Normalerweise koppeln Miner mehrere Grafikkarten an ein Mainboard mit Billig-Prozessor (etwa Intels Celerons), um Kosten zu sparen. An spezialisierten Mainboards wie Asus' B250 Mining Expert lassen sich 16 und mehr Grafikkarten mithilfe von PCI-Express-Adaptern betreiben.

Langfristig will die Ethereum-Foundation auf ein Proof-of-Stake-Modell (PoS) wechseln, um die Blockchain umweltschonend zu sichern. Den ersten Schritt zu Ethereum 2.0 haben die Entwickler mit einer parallel laufenden "Beacon-Chain" Ende 2020 unternommen.

[Update, 09.02.21:] Angaben zum Energiebedarf deutscher Haushalte korrigiert.

(mma)