Superantenne für die US-Army

Die US-Armee kann das gesamte Funkfrequenz-Spektrum ohne klassische Antenne analysieren. Das soll eines Tages am Schlachtfeld gegen Störsender helfen.

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A Rydberg receiver and spectrum analyzer detects a wide range of real-world radio frequency signals above a microwave circuit including AM radio, FM radio, Wi-Fi and Bluetooth. (U.S. Army illustration)

Der Rydberg-Empfänger analysiert einen Großteil der Radio-Frequenz-Signale

(Bild: US Army)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torge Löding

Ein neuer Sensor hört das gesamte Frequenzspektrum von Null bis 20 GHz ab. Gebaut wurde das Gerät in einem Labor der US Army. Diese Vorrichtung funktioniert vollkommen anders als konventionelle Antennen: Sie erfasst mithilfe eines Lasers, wie Funksignale mit einer bestimmten Art von Atomen interagieren.

Dabei kommen Rydberg-Atome zum Einsatz. Deren äußere Elektronen sind so angeregt, dass sie den Kern in großer Entfernung umkreisen. Bei diesen Distanzen liegen die potenziellen Energie-Niveaus der Elektronen extrem nah bei einander, was ihnen besondere Eigenschaften verleiht. Tatsächlich kann jedes kleine elektrische Feld sie von einem Niveau auf ein anderes befördern. Und da Funkwellen aus elektrischen Wechselfeldern bestehen, die mit jedem Rydberg-Atom interagieren, werden die Elektronen zu potenziellen Sensoren.

Im September 2018 hatten Forscher erstmals mit einem sogenannten Rydberg-Sensor experimentiert. Sie nutzten Caäsium für den Funk-Empfang ohne Elektronik. Über den erfolgreichen Bau und Betrieb einer ähnlichen Vorrichtung berichtet nun das US-Army-Forschungslabor DEVCOM.

Die Militärforscher regen Rubidium-Atome zu hochenergetischen Rydberg-Zuständen an. Die Atome interagieren stark mit den elektrischen Feldern des Schaltkreises und ermöglichen die Erkennung und Demodulation jedes Signals, das in den Schaltkreis gelangt.

Das funktioniert, weil ein aus Rydberg-Atomen hergestelltes Gas durch einen bestimmt eingestellten Laser durchsichtig gemacht werden kann. Der Laser sättigt im Prinzip die Fähigkeit des Gases zur Aufnahme von Licht, sodass ein anderer Laserstrahl es passieren kann. Die Wolke aus angeregten Atomen fungiert als Antenne, angestrahlt von Laserlicht, welches bei Funkwellen in der Umgebung flackert. Forscher sprechen von Atom-Funk.

Der Laboraufbau ist noch nicht für den Kampfeinsatz geeignet.

(Bild: DEVCOM Army Research Lab)

"Alle bisherigen Demonstrationen von Rydberg-Atom-Sensoren waren nur in der Lage, kleine und spezifische Bereiche des HF-Spektrums zu erfassen, aber unser Sensor arbeitet jetzt zum ersten Mal kontinuierlich über einen breiten Frequenzbereich", sagte Dr. Kevin Cox vom U.S. Research Laboratory. Die Quantensensoren sollen eines Tages US-Soldaten unterstützen, die in "komplexen elektromagnetischen Kampfgebieten" tätig sind.

Zu den Vorteilen gegenüber konventionellen Antennen zählt die enorme Frequenz-Bandbreite, die das Gerät erkennen – mehr als vier Oktaven vom C-Band bis zum Q-Band, oder Wellenlängen von 2,5 bis 15 Zentimetern. Die Antenne selbst ist eine kleine Dampf-Zelle, die zu Rydberg-Atomen angeregtes Cäsium-Gas erzeugen und halten kann. Traditionelle Demodulierung für Signalkonditionierung wird damit überflüssig. Die Vorrichtung soll zudem weitgehend unempfindlich gegenüber jenen elektromagnetischen Interferenzen sein, die konventionelle Antennen nutzlos machen können.

Die Fachzeitschrift Physical Review Applied hat die Ergebnisse der Forschergruppe um Cox unter dem Titel "Waveguide-coupled Rydberg spectrum analyzer from 0 to 20 GigaHertz" veröffentlicht (Wellenleiter-gekoppelter Rydberg-Spektrum-Analysator von 0 bis 20 GigaHertz). Das Team arbeitet nun daran, die Signalempfindlichkeit des Rydberg-Spektrumanalysators weiter zu verbessern um den Sensor schrumpfen zu können.

"Es sind noch erhebliche physikalische und technische Anstrengungen notwendig, bevor der Rydberg-Analysator in ein feldtesttaugliches Gerät integriert werden kann", hielt Cox fest, "Einer der ersten Schritte wird sein, zu verstehen, wie man die Leistung des Geräts beibehalten und verbessern kann, wenn die Sensorgröße verringert wird."

(tol)