Filecoin: Neue Anreize für die Blockchain als verteilter Speicher im Internet

Auf der FOSDEM 2021 hat die leitende Entwicklerin von Filecoin drei neue Tools vorgestellt, die die Blockchain-Technologie attraktiver machen sollen.

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(Bild: FOSDEM)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • David Wolski

Molly Mackinlay, leitende Entwicklerin des IPFS-Projekts ("InterPlanetary File System") und gleichzeitig Leiterin des Filecoin-Network-Teams, hat in einem Talk auf der diesjährigen FOSDEM drei neue Tools vorgestellt, die neue Anreize zur Teilnahme am Filecoin-Netzwerk schaffen sollen.

Zum Hintergrund: Zielsetzung des Protokolls und Netzwerks IPFS ist es, ein kooperatives Internet aufzubauen und Daten von möglichst weit verteilten und redundanten Knoten bereit zu stellen. Das Filecoin-Netzwerk setzt als verteilter Datenspeicher auf dem IPFS auf. Filecoin ist als Kryptowährung ein finanzieller Ansporn, sich aktiv an einem dezentralen Speichernetzwerk zu beteiligen und für dieses Speicherplatz bereit zu stellen. Gleichzeitig ist Filecoin die Verbindung einer Kryptowährung mit einem tatsächlich bereitgestellten Dienst statt nur mit einer messbaren Leistung.

Dem InterPlanetary File System wurde als technische Grundlage von Filecoin bereits größere Aufmerksamkeit zuteil, als es dazu diente, staatliche Zensur im Internet zu umgehen: Von April 2017 bis Januar 2020 sperrte der türkische Staat den Zugriff auf die Online-Enzyklopädie Wikipedia über die türkischen Internetprovider, und Netz-Aktivisten nutzten IPFS zur Bereitstellung eines Wikipedia-Mirrors. Als das katalonische Unabhängigkeitsreferendum 2017 vom spanischen Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurde und etliche Webseiten dazu vom Netz gehen musste, kam ebenfalls IPFS für einen dezentralen Mirror zum Einsatz.

Während IPFS den Datenverkehr regelt, dient Filecoin als Kryptowährung und Ökosystem, aber auch als Protokoll dazu, dauerhaften Speicherplatz verfügbar zu machen. Filecoin verbindet als Währung jene Kunden, die Speicherplatz für ihre Daten im Internet suchen, mit Filecoin-Minern, die Speicherplatz zur Verfügung stellen. Wer die Daten speichern lassen will, übermittelt diese an die ausgewählten Miner und bezahlt mit Filecoin-Tokens (FIL) für den Speicherplatz und Speicherdauer. Das Filecoin-Protokoll verlangt von den Minern nach der Übernahme der Daten des Kunden einen "Proof-of-replication" sowie danach regelmäßig eine weitere Bestätigung, im Filecoin-Slang "Proof-of-spacetime" genannt, dass die Daten tatsächlich noch gespeichert sind. Um ihre Zuverlässigkeit zu beweisen, müssen Speicherplatz-Anbieter zudem eine größere Menge an Filecoin-Tokens hinterlegen.

Dieses Ökosystem ging im Oktober 2020 mit einer Marktkapitalisierung von umgerechnet 200 US-Dollar an den Start. Der gelang nur leidlich: Das Wirtschaftsmodell stellte sich anfangs als nicht ausbalanciert heraus und die Entwickler mussten die Ausschüttungsweise der Filecoin-Tokens ändern. Geplant war ursprünglich eine halbjährliche Ausschüttung an Miner, was aber zu Engpässen führte. Mittlerweile bekommen Miner 25 Prozent der Tokens gleich nach Erbringung der Leistung.

Laut Molly Mackinlay sind schon seit letztem Jahr weitere Tools und Ergänzungen zum Filecoin-Protokoll geplant. Ihr Talk bot eine Übersicht über den aktuellen Stand. "Filecoin Plus" ist ein frisch aufgelegtes Programm, das es Kunden erlaubt, sich zum Speichern von Daten, die dem Allgemeinwohl dienen, bei einem Notar im Filecoin-Netzwerk zu registrieren. Für Miner, die Speicherplatz bieten, sollen diese Daten mehr Gewinn abwerfen.

"Powergate" wiederum ist ein Werkzeugkasten für Entwickler, um Filecoin-Transaktionen per APIs in Go und Java auszuführen oder diese in Apps und Programme zu integrieren. Es gibt jetzt auch einen Command-Line-Client, der in Go geschrieben ist.

An Anwender wiederum wendet sich "Slate", ein unkompliziertes Front-End für IPFS und Filecoin im Webbrowser. Einzelne Anwender oder Teams können Dokumente auf Slate speichern und austauschen und bekommen zum Einstieg 50 GB freien Speicher nach der Registrierung per E-Mail. Slate erlaubt den Abschluss von Storage-Deals mit Filecoin-Minern über eine Weboberfläche und dabei auch die Anpassung von Parametern wie etwa dem Replikationsfaktor, um wichtige Daten über Slate zu speichern.

Slate soll auch den praktischen Nutzen von Filecoin demonstrieren: Wie Molly Mackinlay in der angehängten Live-Fragerunde betonte, geht es bei dieser Blockchain-Technologie nicht allein um eine Kryptowährung, sondern auch darum, per Blockchain tatsächliche Dienste anzubieten und eine Leistung mit realem Gegenwert zu erbringen, nämlich Speicherplatz im Internet.

(ovw)