Freiwillige decken New York mit WLAN ab

Die Grassroots-Initiative "NYC Mesh" versorgt Einwohner in Teilen der Stadt mit drahtlosem Internet – egal, ob sie es bezahlen können oder nicht.

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Ein Freiwilliger Helfer von NYC Mesh installiert eine WLAN-Antenne.

(Bild: Mayor’s Office of the Chief Technology Officer)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Lynne Peskoe Yang

An einem klaren, sonnigen Augustmorgen fuhr der Softwareentwickler Rodrigo Espinosa de los Monteros 22 Stockwerke hinauf auf das Dach eines Hauses in Manhattans Lower East Side. Oben wartete bereits Willem Boning, Akustikdesigner und ehrenamtlicher Mitarbeiter des Graswurzel-WLAN-Projektes NYC Mesh. Er hatte zwei Rucksäcke voller Netzwerkgeräte bei sich. Ihr Ziel auf dem Dach war eine fußlange Drahtlos-Plastikantenne an der Dachkante: ein „Knoten“ in dem gemeindeeigenen Gerätenetzwerk, das Teile der Stadt mit kostenlosem WLAN versorgt.

Zweieinhalb Stunden brauchten Espinosa und Boning, um mithilfe dieses Knotens vier niedrigere Hochhäuser an den nächstgelegenen Superknoten auf dem noch höheren Sabey Building anzubinden. Ohne diesen Zwischenknoten lagen die niedrigen Häuser im Signalschatten des Superknotens, der für die Verbindung eines Großteils des Netzwerks auf der Lower East Side mit Brooklyn verantwortlich ist.

NYC Mesh zahlt Rechenzentren wie den Sabey Data Centers eine Gebühr für das Recht, Superknoten an wichtigen Internet-Gateways aufzustellen, an denen sich der drahtlose Verkehr ins restliche Web einklinkt. NYC Mesh verteilt die Bandbreite dann drahtlos weiter und bietet damit Menschen in Gebieten Internetzugänge, die von Internetanbietern gar nicht oder nur unzuverlässig bedient werden. Seine Kosten deckt NYC Mesh über freiwillige Beiträge seiner Benutzer. Statt einzelnen Mietern schließt NYC Mesh ganze Häuser am Stück an. Wer nicht zahlen kann, wird trotzdem versorgt. Die Einnahmen aus den freiwilligen Beiträgen reichen dennoch über mehrere Tausend Dollar teure Datencentergebühren und Materialkosten hinaus für eine stetige Expansion, freut sich Administrator Scott Rasmussen.

In Lower Manhattan, das über ein unterirdisches Glasfasernetz verfügt, sind die Bewohner immer noch auf drahtlose Verbindungen angewiesen, um ihr Internet von der Glasfaser bis zu ihren Apartments zu leiten. Dabei sind Mieter meist durch Gebäudeverträge an einzelne Internetanbieter gebunden. Die aber weigern sich häufig, alternde Glasfaserverbindungen aufzurüsten und kassieren obendrein viel Geld für die unzuverlässigen Verbindungen – und tragen damit zur digitalen Kluft bei. Ein im Januar vom Rathaus veröffentlichter Bericht schätzt, dass rund 40 Prozent der New Yorker Haushalte mit etwa 3,4 Millionen Menschen keinen zuverlässigen Breitbandzugang haben.

Hier kommt nun NYC Mesh ins Spiel. Seit Anfang 2014 hat das Freiwilligenprojekt, das sich an unterschiedlichen europäischen Vorbildern wie dem deutschen Freifunk und dem spanischen Guifi orientiert, 561 aktive Knoten aufgebaut. NYC Mesh wächst besonders schnell: seine Knotenzahl verdoppelt sich fast jährlich. Parallel dazu füllen im ganzen Land Dutzende weitere Community-Netzwerkprojekte die Lücken, um die sich kommerzielle Anbieter nicht kümmern. Die Pandemie hat den Bedarf noch weiter verstärkt. „Das Interesse ist besonders hoch, weil viele Menschen im Homeoffice ein besseres oder schnelleres Internet daheim benötigen oder sich die kommerziellen Anbieter nicht mehr leisten können, weil sie ihren Job verloren haben", sagt Jillian Murphy, eine weitere Administratorin von NYC Mesh.

„NYC Mesh hat es geschafft, zu einem dauerhaften Gemeinschaftsnetzwerk zu werden“, sagt Rasmussen. Entscheidend dafür sei der stetige Zustrom an Freiwilligen, die sich zu Technikern ausbilden lassen, und dass die Organisation „finanziell unabhängig und nicht auf Fördermittel angewiesen ist“.

(bsc)