Reparatur-Index als Elektrogerät-Kaufhilfe
Ausbessern statt wegwerfen. In Frankreich soll das ein neues Gesetz fördern. Schon bei Produktwahl kann entsprechender Anreiz geschaffen weden.
Der Reparatur-Index gibt an, wie leicht ein Elektrogerät für Nutzer reparierbar ist.
- Veronika Szentpetery-Kessler
In Frankreich landen jedes Jahr 1,4 Millionen Tonnen Elektrogeräte auf der Müllhalde – von denen 66 Prozent durchaus reparierbar wären. Das sagt zumindest das Unternehmen Spareka. „Das Haupthindernis für eine professionelle Reparatur sind die Kosten von im Schnitt 120 Euro. Das hält viele Menschen davon ab“, sagt Spareka-Sprecherin Ophélie Baquet. Deshalb bietet das Unternehmen seit 2012 kostenfreie Fehlerdiagnostik, Reparaturanleitungen und -videos im Netz und Reparaturassistenz per Videoschalte an. Weil aber der Umweltorganisation Ademe zufolge trotzdem nur 36 Prozent aller kaputten Geräte repariert werden, macht sich Spareka seit 2018 gemeinsam mit weiteren Akteuren für ein neues Reparaturindex-Gesetz stark. Es soll die Reparaturquote des Landes auf mindestens 60 Prozent steigern, indem es die Aufwandseinschätzung schon beim Kauf erleichtert.
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Mit Erfolg. Zum Jahreswechsel 2021 trat eine Erweiterung des 2020 beschlossenen Anti-Verschwendungs-Gesetzes (loi anti-gaspillage) in Kraft, die für zunächst fünf Produktkategorien einen Reparaturindex vorschreibt (indice de réparabilité). Beim Verkauf von Fernsehern, Laptops, Smartphones, Waschmaschinen und Rasenmähern muss nun am Gerät selbst und auch online unter www.indicereparabilte.fr sichtbar sein, wie einfach und wie günstig man es selbst reparieren kann.
Mit welchem Aufwand darf der Verbraucher rechnen?
Der mit Schraubschlüssel und Zahnrad symbolisierte Reparaturindex zeigt zunächst nur eine Zahl von Null bis zur Bestnote Zehn sowie eine Farbampel von Grün für sehr gut bis Rot für sehr schlecht. Immerhin muss die Kennzeichnung so groß sein wie der Preis. Online sind dann weitere Informationen verfügbar. In den Index fließt zum Beispiel ein, wie lange, wie leicht und wie günstig Ersatzteile verfügbar sind. Hinzu kommt, in wie vielen Schritten sich bestimmte Bauteile ausbauen lassen und ob man einem Teil mit normalen, speziellen oder gar nur herstellerspezifischen Werkzeugen zu Leibe rücken kann. Nicht ausbaubare Bauteile, die zum Beispiel fest eingeklebt sind, führen zu Abzügen.
Darüber hinaus spielt es auch eine Rolle, ob und wie viele Jahre der Hersteller die Gerätedokumentation vorhält. Zu guter Letzt fließen kategorie-spezifische Kriterien (lässt sich die Smartphone-Software selbst neu aufspielen), individuelle Besonderheiten (die Smartphone-Lebensdauer ist wegen begrenzter Softwareunterstützung kürzer) und der Kaufpreis ein. Ein Manko hat der Reparaturindex allerdings: Sanktionen fürs Nichtbeachten treten erst nächstes Jahr in Kraft.
(Bild:Â Spareka)
Pioniergesetz in der EU?
Die Arbeit an dem Reparaturindex begann vor zwei Jahren. Angestoßen von Brune Poirson, Staatssekretärin im Umweltministerium, versammelten die französische Regierung und Ademe einmal im Monat 70 Akteure – von Pro-Reparatur-Bewegungen über Umweltschutzorganisationen bis hin zu Geräteherstellern –, um die Indices für verschiedene Gerätegruppen auszuarbeiten.
„Es ist ein Pioniergesetz in der Europäischen Union“, sagt Baquet. „Wir hoffen, dass die EU mit einem gesamteuropäischen Index folgen wird. Schließlich habe sie am 25. November letztes Jahr signalisiert, Konsumenten das „Recht auf Reparatur“ zuzugestehen. Frankreich nimmt indes weiter eine Vorreiterrolle ein. Nachdem die Regierung bereits 2015 das Verkürzen der Lebensdauer von Geräten verbot, will sie ab 2024 den Reparaturindex um einen Haltbarkeitsindex ergänzen. In den sollen Informationen über die Verlässlichkeit und Robustheit der Geräte einfließen.
(bsc)