On the Woodway

Gespräche mit Menschen am anderen Ende der Welt vom heimischen Sofa aus sind zwar durch das Internet bezahlbar geworden, ohne Sprachkenntnisse kommt man aber kaum aus. Auch hier hilft das Web mit Wörterbüchern, Übersetzungsprogrammen und anderen Projekten.

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Von
  • Kersten Auel
  • Kersten Auel

Preisfrage: Was haben ein ‘Ziegelsteinseiltänzerleser’ und ein ‘Clay brick rope dancer reader’ gemeinsam? - Für alle Ungeduldigen hier gleich die Lösung: Beide sind Babelfish-Übersetzungen von ‘Adobe Acrobat Reader’. Bei Ersterem handelt es sich um eine Übersetzung des Ausgangstextes vom Englischen ins Deutsche, das Zweite ist das Ergebnis der Rückübersetzung. Verspätete Urlauber, die nicht wissen, was sie mit ihrer vielen Zeit anfangen sollen, können das Hin-und-Her-Translation-Spielchen noch ein bisschen weitertreiben. Gewinner ist, wer am meisten ‘Lehm’ vorweisen kann. Ich habe bei ‘Express dancer reader of the loam loam loam loam clay brick’ erschöpft das Handtuch geschmissen.

Die gute Nachricht für alle, die mit diesem Übersetzungsergebnis nicht zufrieden sind: Neben AltaVistas Translation Service gibt es diverse andere Online-Angebote in dieser Richtung. Die schlechte Nachricht lautet: Die Ergebnisse sind die gleichen. Wer’s nicht glaubt, kann diese leidvolle Erfahrung schnell nachvollziehen, wenn er das Angebot von Langenberg.Com ‘Search and Get There Faster’ annimmt. Hier gibt es eine Zusammenstellung diverser Übersetzungsdienste, die direkt ausprobiert werden können und auf den jeweiligen Server weiterleiten.

Wen es jetzt so gepackt hat, dass er das Hin-und-Her-Übersetzen nicht mehr lassen kann, findet Unterstützung bei ‘Lost in Translation’. Hier muss man den Ausgangstext nur einmal eintippen. Dann wird er der Reihe nach in fünf Sprachen übersetzt (Französisch, Deutsch, Italienisch, Portugiesisch und Spanisch). Der Clou dabei: Zwischen jeder dieser Übersetzungen erfolgt eine Rückübersetzung ins Englische. Das Resultat steht wieder im Ausgangsfeld, sodass ein einfacher Klick auf den ‘Try-Again’-Knopf genügt, um das Ganze eine Runde weiterlaufen zu lassen. Schon nach drei Durchgängen war der Adobe Acrobat Reader auch für gutwillige Linguisten nicht mehr wiederzuerkennen: ‘Tightropewanderers des Programms des Wertes, der maß, war wird getrocknet mit am Feuer ihn der Verordnung des mattone gesetzt gewesen, das lüftet das terriccio’. Zur Einstimmung bietet Carl Tashian auf seiner Eingangsseite ein paar nette Beispiele, sodass man nicht einmal selbst etwas eintippen muss, um sich zu amüsieren.

Hinter dieser dynamischen HTML-Seite werkelt ein Perl-Script, das als Mittler zwischen dem Ein-/Ausgabeformular und Babelfish als Übersetzer fungiert. Wer einer Aufheiterung bedarf, sollte diesen Server unbedingt besuchen.

Da ein Beispiel nicht als repräsentativ gelten kann, wurde als nächstes überprüft, was die Übersetzungsprogramme mit folgendem vom Linguistik-Papst Noam Chomsky geprägten Testsatz anfangen: ‘Colourless green ideas sleep furiously.’ Die größte Überraschung dabei war, dass das englische Wort ‘furious’ (deutsch: wütend) offenbar zu den unbekannteren gehört. Weder Babelfish, WorldLingo noch Systran sahen sich in der Lage, eine deutsche Entsprechung dafür zu finden.

Auch IDP, das Internet Dictionary Project, kannte ‘furious’ nicht. Aber dabei ist es nicht lange geblieben. Dieses Projekt zeichnet sich dadurch aus, das Tausende anonymer Freiwillige aus aller Welt zur Datenbasis beitragen und den Wortschatz kontinuierlich erweitern. Nach einem kurzen Abstecher auf die Update-Seite ergab die erneute Abfrage unverzüglich das gewünschte ‘wütend’. Definitiv ein Server für Leute, die täglich ein kleines Erfolgserlebnis brauchen.

Schön wäre es, wenn sich diese Erweiterung ebenso schnell und unproblematisch auf die Plattformunterstützung übertragen ließe. Momentan verlangt die zum Download angebotene Version ausschließlich nach einem Windows-Rechner.

Analog zu Langenberg.Com bietet ‘Online Translation Dictionaries’ eine Zusammenstellung diverser Online-Wörterbücher. Hinsichtlich ‘furious’ gab es hier gute Ergebnisse, ‘colourless’ dagegen war einigen nicht bekannt.

Zurück zu Chomskys farblosen, grünen Ideen. Der FreeTranslation-Server konnte ‘furious’ auf Anhieb richtig übersetzen. Dafür versagte er bei dem selten gebrauchten ‘colourless’. Ein Wort, dessen deutsche Entsprechung auch IDP bei Redaktionsschluss noch nicht kannte. Mal sehen, wie lange noch ...

Wer selbst in zwei oder mehr Sprachen so fit ist, dass er die genannten Serviceangebote kaum braucht, kann stattdessen aktiv werden und beispielsweise zur Internationalisierung der Linux-Desktops beitragen. Sowohl für Gnome als auch für KDE gibt es Übersetzungsprojekte, die sich zum Ziel gesetzt haben, Online-Hilfe und Dokumentation in diversen Sprachen zur Verfügung zu stellen sowie Menüpunkte und Button-Beschriftungen zu internationalisieren.

Und für alle, die es eher theoretisch mögen, gibt es ‘Translation, Theory, and Technology’. Betrieben wird dieser Server von der Translation Research Group, die im Rahmen des SALT-Projekts eine XML-Repräsentation von Lexika und Terminologien erarbeitet. Erstes Ergebnis ist das Default XLT Format (DXLT) für den Datenaustausch in der Welt der Wörterbücher.

DXLT hat sich aus dem MSC-Projekt des ISO-Standards TC/37 abgeleitet, der die wissenschaftlich-technische Terminologie vereinheitlichen will. Die DXLT-Spezifikation selbst ist jedoch kein ISO-Standard - und wird es vielleicht auch nie werden. Zurzeit liegt sie zur öffentlichen Begutachtung vor.

Alle, die tiefer in die Materie maschineller Übersetzungen eindringen wollen, sollten einen Blick auf das Chorus-Projekt werfen. Hier geht es um die semantische Verarbeitung unvollständiger Information - eine Aufgabe, der die meisten Menschen zumindest bis zu einem gewissen Grad gewachsen sind, die heutige Computer jedoch hoffnungslos überfordert. Bei Chorus geht es darum, mit Hilfe von Computerlinguistik und Constraint-Programmierung Methoden zu entwickeln, die eine effektivere Sprachverarbeitung ermöglichen.

Bevor man jedoch seinem Computer beibringen kann, logisch zu denken, sollte man sich über einige Zusammenhänge selbst klar werden. Die Einarbeitung in die ‘Prädikatenlogik der ersten Stufe mit Identität’ erweist sich dabei möglicherweise als hilfreich - zumindest für Prolog-Programmierer. Wer weiß, vielleicht hilft ja konsequente Arbeit in dieser Richtung, dass Computer sich irgendwann weigern, den Satz zu übersetzen: ‘Sokrates ist eine Katze.’ (ka)