Strong Typing

Dass die Tastatur nicht das optimale Eingabegerät ist, ist keine Einzelmeinung. Manch-mal kann sie sogar Schmerzen verursachen. Linderung ist jedoch möglich, und die Ansätze sind vielfältig.

vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Stefan Mintert
  • Kersten Auel
Inhaltsverzeichnis

Viele Menschen, deren Arbeit sich auf den Bildschirm konzentriert, klagen über Schmerzen beim Tippen oder bei der Benutzung der Maus. Zwar gibt es Spracheingabesoftware, jedoch kommt sie für viele Tätigkeiten nur ansatzweise in Frage. Für ein Diktat ist die akustische Eingabe nach entsprechendem Training der Software zwar gut geeignet, die Bedienung des auf Maus und Tastatur ausgelegten Systems oder gar das Programmieren sind damit jedoch nicht zu erledigen. Dieser Artikel stellt einige Quellen vor, bei denen sich Betroffene informieren und Hilfe holen können.

Mehrere Aspekte sind bei diesem Thema zu berücksichtigen: der medizinische, der betriebliche und der praktische. Verbunden mit dem Hinweis, dass hier kein Mediziner schreibt, macht der erste Punkt den Anfang. Es stellt sich die Frage, worum es eigentlich geht. Viele Begriffe sind im Umlauf wie Sehnen(scheiden)entzündung, RSI oder Karpal-Tunnel-Syndrom.

Eine erste Anlaufadresse ist die ‘Gesellschaft Arbeit und Ergonomie - online e.V.’, kurz Ergo-Online. Das umfangreiche Angebot bietet unter ‘Beschwerden & Krankheiten’ gut lesbares und bequem verlinktes Textmaterial, das einen kompetenten Eindruck hinterlässt. Einer der Autoren, Prof. Dr. H. Sorgatz (TU Darmstadt), bietet unter www.rsi-online.de weitere wertvolle Informationen. Netscape-Anwender sollten hier allerdings - zumindest unter Linux - mit Abstürzen rechnen ...

Ein guter Einstieg in englischer Sprache ist das ‘CTD Resource Network’, das sich als ‘A California nonprofit corporation providing information and assistance to the RSI community’ darstellt. Hier tauchen gleich zwei Begriffe auf, CTD (Cumulative Trauma Disorders) und RSI (Repetitive Strain Injury). Ersteres ist laut CTD-RN ein Oberbegriff für verschiedene verwandte Leiden. Letzterer Fachausdruck zeigt plastisch, wo das Problem liegt: Schmerzen durch wiederholte, gleichartige Bewegung. Wer es genauer wissen möchte, findet Antworten in der Typing Injury FAQ. Nebenbei sei bemerkt, dass der achte jährliche ‘Hands-On Event’ des CTD-RN am 13. Oktober in San Francisco stattfindet.

Wer nun an seinem Arbeitsplatz - ob aus gegebenem Anlass oder vorsorglich - ergonomische Änderungen vornehmen möchte, kann sich über seine oder ihre Rechte informieren. Unter www.gesundheit-foerdern.de ist dazu zum Beispiel die Bildschirmarbeitsplatzverordnung zu finden. Die Website richtet sich ansonsten an Führungskräfte und versteht ‘Gesundheitsförderung als Führungsaufgabe’. Wer nach der Abkürzung ‘BildscharbV’ im Jurindex der Uni Saarbrücken sucht, stösst auf eine Vielzahl lesenswerter Quellen. So auch auf Tipps der Gewerkschaft ver.di (Gesundes Arbeiten am Bildschirm). Möchten Sie Ihren Arbeitsplatz hinsichtlich ergonomischer Eigenschaften prüfen, so bietet sich ErgoNetz an. Dieses Angebot des Instituts für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund hat neben einer Prüfliste für Bildschirmarbeitsplätze ein VRML-Lernprogramm zur Beurteilung von Bildschirmarbeitsplätzen im Angebot.

Bleibt die Frage, was man gegen Schmerzen bei der Bildschirmarbeit tun kann. Soweit es medizinische Behandlungen im weitesten Sinne betrifft, ist www.rsi-online.de hilfreich. Wer daran denkt, seinen Arbeitsplatz und sein Arbeitsgerät zu verbessern, findet bei Ergo Online (s. o.) eine Auflistung von Produkten, von Eingabegeräten (Tastatur, Maus und so weiter) über Bildschirme, Sitzmöbel, Beleuchtung bis hin zu Klima- und Lärmschutz. Insgesamt ein umfassendes Angebot, das weit mehr als nur RSI-artige Probleme adressiert.

Auflagen für die Hände und abgewinkelte Tastaturen kennt heutzutage vermutlich jeder. Ungewöhnlich und futuristisch anmutend sind die Produkte der Firma Kinesis. Tastaturen, in denen die Hände in ‘Mulden’ liegen, um die Handgelenke nicht zu belasten, Sitzmöbel mit integrierten Tastaturen und mehr sind im Programm. Die Geräte, die für verschiedene Systeme (zum Beispiel Sun, PC) angeboten werden, lassen sich mit unterschiedlichen Layouts betreiben. Neben dem QWERTY/QWERTZ-Layout wird insbesondere die Dvorak-Lösung empfohlen. Dieses unter ergonomischen Kriterien entworfene Layout stellt die Seite ‘Introducing the Dvorak Keyboard’ vor. Wirken die Produkte von Kinesis schon den Designwerkstätten eines Hollywood-Films entlaufen, so ist das Produkt von DataHand Systems endgültig der Zukunft entsprungen. Mit installiertem Flash-Plug-in lohnt sich ein Besuch.

Auf der Seite von Kinesis gibt es auch Links zum Thema RSI und Verwandtem. Andere Hersteller, die mit der guten Ergonomie ihrer Produkte werben, machen es ähnlich. Die norwegische Firma Animax hält unter www.animax.no/ Informationen zur Krankheit bereit und verspricht Linderung mit ihrer ‘AnirMouse’. Weitere Hersteller ergonomischer Tastaturen sind Goldtouch und Pace Development.

Unter www.ergobuyer.com listet die Firma ErgoWeb eine Auswahl von Händlern auf, die ergonomisches Zubehör vertreiben, darunter SafeComputing, Life with Ease, Air Tech und Innovative Ergonomic Solutions. Für einen Anbieterüberblick bieten sich Verzeichnisse wie Yahoo an. Die deutsche Auswahl ist dabei sehr überschaubar. Deutlich umfangreicher ist das Spektrum der US-Anbieter.

Neben Peripheriegeräten gibt es eine große Auswahl an Zubehör, beispielsweise Fußstützen und Handauflagen. Anbieter sind unter anderem Eldon und 3M. Die gelgefüllten Auflagen für die Handgelenke kann der Autor aus eigener Erfahrung empfehlen (www.3m.com/product/w_index/Wrist_Rest,_3M(TM)_Gel_(BJ)_00.jhtml#TopOfPage). Wer die Hände mit Hilfe der Füße entlasten möchte, findet bei einigen der zuvor genannten Anbietern Fußpedale, etwa das Pedalset von Bilbo Innovations. Auf drei Pedalen sind standardmäßig die Tasten Shift, Control und Alt hinterlegt. Auf Wunsch lässt sich diese Kombination auf eigene Bedürfnisse umkonfigurieren.

Erste Schritte kann man auch ohne Hardwarekosten unternehmen. Kleine Tools helfen, den Anwender an regelmäßige Erholungspausen zu erinnern. Für X11-Systeme gibt es xwrits, das die Tastenanschläge überwacht und nach voreingestellter Zeit eine Pausenmahnung auf dem Bildschirm schickt. Hat der Benutzer die Tastatur lange genug in Ruhe gelassen, erlaubt das Programm das Weiterarbeiten. Kommandozeilenparameter können es auch veranlassen, sich zu verhalten wie xlock, das die Eingabe komplett sperrt - ein einfaches, aber wirkungsvolles Tool, das in einigen Linux-Distribution bereits enthalten ist (z.B. ftp.de.debian.org/debian/pool/main/x/xwrits).

Wer etwas Vergleichbares unter Windows einsetzen möchte, wird bei www.nonags.com in der Kategorie ‘Remind - Note - Schedule’ fündig. Der Break Reminder etwa bietet ein paar mehr Funktionen als xwrits, darunter zwei Arten von Pausen (normale und Mikropausen). Möchte man es noch komfortabler haben, kann man den RSI-Guard von Goldtouch ausprobieren. Die Testversion gibt es für 45 Tage, die Freischaltung kostet zwischen 40 und 65 US-$.

Auch wenn die Ursache von RSI in der Finger- und Handbewegung liegt und nicht unbedingt von der Berührung des Keyboards ausgelöst wird, soll abschließend nicht verschwiegen werden, dass es die ultimative Möglichkeit bei der Auswahl des Geräts gibt: gar keine Tastatur! Bei SIVIT, dem Siemens Virtual Touchscreen, tritt ein ‘projiziertes, virtuelles Bedienpanel’ an die Stelle der Hardwaretastatur. Informationen über ergonomische Eigenschaften dieser Eingabeform waren den Webseiten nicht zu entnehmen. (ka)