Gamestop-Saga bringt "Roaring Kitty" und Robinhood vor US-Finanzausschuss

Blogger Keith Gill entschuldigt sich für die Gamestop-Misere, weist aber jede rechtliche Verantwortung zurück. Robinhoods CEO will seine App überarbeiten.

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Keith Gill

Keith Gill bei der Anhörung vor dem Finanzausschuss des US-Unterhauses, die aufgrund der COVID-19-Pandemie mittels Videolink durchgeführt wurde.

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Torge Löding
Inhaltsverzeichnis

Den Kurskapriolen bei Aktien des Videospielhändlers Gamestop hat sich am Donnerstag der Finanzausschuss des US-Repräsentantenhauses gewidmet. Zur Aussage vorgeladen waren Manager von Kapitalmarkt-Firmen, Reddit-Chef Steve Huffmann und Reddit-Nutzer Keith Gill. Er gilt als eine treibende Kraft der Anleger-Community, die der Gamestop-Aktien eine absurde Berg- und Talfahrt beschert hat. Viele private Anleger haben sich dabei verschuldet.

Auf Stirnband und T-Shirt hat Gill bei seiner Anhörung verzichtet. Seine eröffnende Stellungnahme gab er in Anzug und Krawatte. Sein Nerd- und Hippie-Klischee bediente er trotzdem, denn er hatte sich in einen Gamer-Chair vor die Webcam gesetzt und ein Katzen-Meme im Hintergrund aufgehängt.

Der als Roaring Cat, Roaring Kitty oder DeepFuckingValue bekannte Reddit-Blogger hat immer noch zahlreiche Anhänger, die sich in sozialen Netzwerken ausgiebig austauschen. Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen machte Gill ein ernstes Gesicht. Er gab zu, dass sich der Wert seiner Aktien an GameStop während der Kursrally im Januar um ein Vielfaches vermehrt hatte, während andere Anleger am Ende mit großen Verlusten dastanden.

Er sei jedoch kein institutioneller Investor oder Hegdefond. "Ich habe keine Kunden, und ich biete keine Anlageberatung gegen Honorar oder Gebühren an", sagte der 34-Jährige. Er stamme aus bescheidenen Verhältnissen. Allerdings sei sein Portfolio Ende Januar 48 Millionen US-Dollar wert gewesen.

In seinen Online geposteten Videos spricht Gill über Aktienkurse und Finanzmärkte. Seit Monaten drehte es sich nur noch um die Aktie des PC-Spielehändlers Gamestop. Tausende Kleinanleger hatten diese seit einigen Wochen geordert und den Aktienkurs in Höhen getrieben, die mit dem ökonomischen Erfolg nichts mehr zu tun hatten.

Als Rebellion von Kleinhändlern gefeiert, gerieten Hedgefonds unter Druck, die auf den Verfall der Aktie gesetzt hatten. Als die Blase schließlich platzte, standen viele Kleinanleger mit Verlusten da – im Gegensetz zu Gill. Ein geschädigter Investor hat Gill als treibenden Kopf hinter dem Gamestop-Hype verklagt.

Abgewickelt wurden zahlreiche Kleinanlegertrades über die Handels-App Robinhood, die gebührenfreien Wertpapierhandel ermöglicht. Das gelingt unter anderem, weil Robinhood die Aufträge seiner Kunden an andere Finanzmarkunternehmen verkauft.

Robinhood-Mitgründer und CEO Vlad Tenev war ebenfalls vorgeladen. Er setzte auf sachliche Aussagen ohne Katzenwitze und entschuldigte sich deutlicher als Gill bei denen, die im Januar mit Gamestop-Aktien Geld verloren haben. Es sei ein Fehler gewesen, den Handel in seiner App auf einige wenige heißgelaufene Aktien zu beschränken. Anlegern habe so die Auswahl gefehlt und konnten bei Kursverfall nicht rechtzeitig auf andere Werte ausweichen.

Tenev sagte, das Unternehmen habe bereits Verbesserungen vorgenommen, um eine Wiederholung zu verhindern, weitere Änderungen würden folgen. Die Anhörung dauerte länger als fünf Stunden und enthielt auch Aussagen von Citadel CEO Ken Griffin, Melvin Capital CEO Gabriel Plotkin, sowie Reddit Mitbegründer Steve Huffman. Doch Tenev musste sich den meisten heiklen Fragen von allen stellen.

In der am Dienstag beim Bundesbezirksgericht in Massachusetts gegen Gill eingereichten Klage Iovin v. Gill (Az. 3:21-cv-10264) heißt es, er habe sich gegenüber Kleinanlegern als Amateur ausgegeben, um sie zum Kauf überteuerter Aktien zu bringen. Mit Aussagen über Hedgefonds habe er die Leute zur Börsenralley aufgehetzt und sich selbst daran bereichert. Der Kläger ist ein Investor aus dem Bundesstaat Washington, der sich mit Optionen auf Gamestop-Aktien verspekuliert hat. Er wird durch die auf Massenverfahren spezialisierte US-Großkanzlei Hagens Berman Sobol Shapiro vertreten.

Von Robin Hood habe die gleichnamige HandelsApp gar nichts, erklärte die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez (Demokraten), eine führende Kritikerin er Rolle Robinhoods im GameStop-Handel. "Schon die Behauptung der Handel über die App sei kostenlos ist unaufrichtig. Die wahren Kosten werden versteckt", sagte sie.

Die übrigen Abgeordneten vertraten sehr unterschiedliche Positionen zu den Auswirkungen des Handelsrausches mit GameStop-Aktien und einigen anderen Wertpapieren. Die Demokraten konzentrierten ihre Fragen an Tenev darauf, ob die vereinfachte App und das provisionsfreie Geschäftsmodell von Robinhood einzelnen Anlegern helfe oder schade. Mehrere Republikaner lobten die Unternehmer indes für den Beitrag zur Senkung der Transaktionskosten für kleine Händler und forderten weniger Regulierung, berichtet das Wall Street Journal.

Der Verdacht auf Absprachen zwischen Hedgefonds und Wertpapierhändlern beschäftigt unterdessen US-Justizbehörden. Zudem untersuchen die Börsenaufsicht SEC und eine Arbeitsgruppe des Finanzministeriums die Vorgänge rund um die Gamestop-Aktien.

(tol)