Fußangeln
Keine Website ohne Impressum - das gilt für alle, die ihre Dienste oder Produkte über das Internet anbieten. Die umfangreichen Gesetzesänderungen zu Beginn des Jahres führten jedoch dazu, dass viele Unternehmenssites noch immer nicht gesetzeskonform gekennzeichnet sind.
- Joerg Heidrich
Wieder einmal jagen Abmahnwellen durch die Gewässer des deutschsprachigen Internets. Zielpersonen sind unter anderem Vertreter der Immobilienbranche, Buchhändler, Fotomodelle und sogar Anwälte. Der Grund ist jedes Mal derselbe: Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht im Impressum der jeweiligen Website. Selbst große Unternehmen genügten bei einer Untersuchung im Juni 2002 vielfach nicht den gesetzlichen Mindeststandards. Nicht anders ergeht es vielen kleinen Anbietern, die sich in den letzten Monaten verstärkt dem Risiko einer Abmahnung durch einen Konkurrenten oder einen der häufig dubiosen, zum Teil selbsternannten Abmahnvereine ausgesetzt sehen.
Diensteabhängige Informationspflicht
Welche Angaben ein Internetauftritt beinhalten muss, leitet sich aus dem Teledienstegesetz (TDG) oder dem Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) ab. Die Unterscheidung, was ein Medien- oder Teledienst ist und welches Gesetz Anwendung findet, fällt selbst Juristen im Einzelfall schwer und wirkt bisweilen willkürlich. Grundsätzlich gilt das TDG für Angebote im Bereich der Individualkommunikation und daher für die Mehrheit der angebotenen Websites - unabhängig davon, ob es sich um eine gewerbliche Seite handelt. Das Gesetz definiert Teledienste in § 2 wenig aussagekräftig als ‘alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne bestimmt sind und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrunde liegt’. Der MDStV gilt dagegen für Websites mit redaktionell gestalteten Inhalten, die zur Meinungsbildung der Allgemeinheit beitragen. Eindeutig Mediendienste sind demnach Online-Zeitschriften sowie Internetauftritte von Zeitungen oder Magazinen mit eigenem redaktionellen Angebot.
In vielen Fällen ist jedoch eine eindeutige Unterscheidung zwischen den beiden Regelungen allenfalls anhand einer negativen Abgrenzung möglich: Steht bei den zu beurteilenden Seiten keine redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung im Vordergrund, so kann im Zweifelsfalle ein Teledienst angenommen werden. Darunter fällt somit die allergrößte Anzahl der angebotenen Seiten, angefangen beim Online-Banking über sämtliche Shops bis hin zu kleinen, privaten Websites. Einfach ist jedoch auch diese Unterscheidungsmethode nicht, besonders bei vielfältigen Internetangeboten. Ein Blick auf heise online etwa zeigt: Dort stehen sowohl redaktionell bearbeitete Inhalte zur Verfügung als auch ein Abonnement-Service für die iX oder Datenbanken mit Handytarifen, was wiederum für einen Teledienst sprechen würde. Da jedoch die redaktionellen Beiträge überwiegen, liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um einen Mediendienst handelt. Vorsichtshalber genügt das Impressum der Seite jedoch den Anforderungen beider Gesetze (zu finden unter www.heise.de/kontakt/impressum.shtml).
Einstufung eines Online-Angebots
Während der MDStV in § 6 ‘nur’ die Angaben von Name und Adresse des Anbieters sowie des Verantwortlichen für redaktionelle Angebote fordert, geht das TDG seit Anfang dieses Jahres in seinen Anforderungen erheblich weiter. Es verlangt von Teledienste-Betreibern für ‘geschäftsmäßige Angebote’ eine breite Palette von Angaben. Die Auslegung des Begriffs ‘Geschäftsmäßigkeit’ umfasst alle Angebote, die ‘aufgrund nachhaltiger Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt werden’. So auch nahezu alle privaten Websites, die sich einem Thema nachhaltig widmen. Für die Einstufung eines Online-Angebots als Teledienst kann es unter Umständen schon ausreichen, dass Werbebanner oder kostenpflichtige Links auf der Site vorhanden sind.
Laut § 6 TDG ist die Angabe von Namen und ladungsfähiger Anschrift des Diensteanbieters erforderlich, das heißt, unter der er tatsächlich zu erreichen ist. Eine Postfachadresse reicht hier nicht aus. Bei juristischen Personen ist ein Vertretungsberechtigter zu nennen, beispielsweise der Geschäftsführer einer GmbH. Weiter müssen Informationen vorhanden sein, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme ermöglichen, also eine E-Mail-Adresse. Soweit der Teledienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, sind Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde, zur Registereintragung (zum Beispiel Handelsregister und Nummer) und für bestimmte Berufsgruppen weitergehende Pflichtangaben zu veröffentlichen. Schließlich möchte der Gesetzgeber sogar - sofern vorhanden - die Umsatzsteueridentifikationsnummer im Impressum finden.
Viele Namen, ein Zweck
Für Rechtsanwälte etwa ist die Angabe der zuständigen Anwaltskammer ebenso notwendig wie gegebenenfalls die Umsatzsteueridentifikationsnummer und ein Verweis auf berufsregelnde Vorschriften wie Bundesrechtsanwalts- und Gebührenordnung. Diese Informationen müssen auf der Website ‘leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar’ sein. Optimal wäre somit ein Link von jeder einzelnen Seite eines Auftritts auf das Impressum, ausreichen dürfte jedoch eine deutlich sichtbare Verknüpfung von der Startseite des Online-Angebots auf die notwendigen Angaben. Ob ein Betreiber die Anbieterkennzeichnung ‘Impressum’ oder ‘Kontakt’ oder ‘Über uns’ nennt, ist unerheblich.
Nach § 12 TDG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 6 TDG eine Information nicht, nicht richtig oder nicht vollständig zur Verfügung stellt. Verstöße können mit Geldbußen bis zu 50 000 Euro geahndet werden, wovon in der Praxis bislang jedoch kaum Gebrauch gemacht wurde. Weitaus wahrscheinlicher ist es dagegen, dass missgünstige Konkurrenten oder Vereine den Betreiber einer Website bei einem Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht abmahnen, wie in jüngster Zeit häufig geschehen. Ob allerdings diese Abmahnungen, verknüpft mit saftigen Anwaltsrechnungen, zu Recht erfolgten, ist derzeit noch nicht geklärt und unter Juristen höchst umstritten. Angeführt wird in den Schreiben stets ein Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in Form eines so genannten ‘Vorsprung(s) durch Rechtsbruch’. Im Klartext hieße das, dass derjenige, der nur ein unzureichendes Impressum anbietet, damit einen unberechtigten Vorsprung im Wettbewerb erhält. Worin dieser Vorsprung allerdings genau liegen soll, bleibt offen und wird demnächst die Gerichte beschäftigen.
Gerne verwenden Webseitenbetreiber im Rahmen eines Impressums auch Ausschlussklauseln für eine eventuelle Haftung, so genannte Disclaimer: Die Klausel ‘Mit Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden ...’, verbunden mit einer Distanzierung von den auf der Website vorhandenen externen Links, findet sich auf einer Vielzahl von Sites. Rechtlich sind solche Angaben jedoch weit gehend unerheblich und unwirksam. So hat sogar das LG Hamburg in dem zitierten Urteil festgestellt, dass eine pauschale Distanzierung gerade nicht ausreichend ist. Schädlich sind solche Hinweise selbstverständlich nicht, ‘juristische Immunität’ ist damit jedoch nicht verbunden. Wer beispielsweise eine ‘Warez-Site’ mit Raubkopien betreibt, den werden alle Disclaimer dieser Welt nicht vor einem Verfahren bewahren. Sinnvoll kann aber in jedem Fall sein, im Impressum gegebenenfalls auf das eigene Urheber- und Markenrecht hinzuweisen. Empfehlenswert sind ebenfalls Hinweise zum Datenschutz, sofern Besucher auf der Website personenbezogene Daten angeben sollen.
Fazit
Um Websites nutzerfreundlicher und transparenter zu gestalten, erlegt der Gesetzgeber den Betreibern inzwischen eine ganze Reihe von Kennzeichnungspflichten auf. Leider lädt dies im Gegenzug Spammer und andere Wegelagerer des digitalen Zeitalters dazu ein, persönliche Daten und insbesondere E-Mail-Adressen aus dem Impressum zu übernehmen und zu missbrauchen. Mehr oder weniger aufwendige Methoden, sich gegen den Adressenklau zu schützen, existieren zwar [1]. Langfristig ist jedoch der Widerspruch zwischen Transparenz einerseits und dem Schutz sensibler Daten andererseits nur durch die Unterstützung von Politik und Gesetzgebung zu lösen.
Joerg Heidrich
ist Justiziar für den Bereich Fachbücher und Zeitschriften beim Heise Verlag und Rechtsanwalt in Hannover.
Literatur
[1] Holger Dambeck; Versteckspiel; E-Mail-Adressenklau verhindern; c’t 4/2002; S. 200
[3] Mediendienste-Staatsvertrag (ur)