Täuschend echtes Fleisch aus Pflanzen: Redefine Meat kommt nach Deutschland

Mit veganen Produkten aus dem 3D-Drucker hat das israelische Start-up in Blindtests überzeugt. Sie sollen bald auch in hiesigen Restaurants zu haben sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 877 Kommentare lesen

(Bild: Redefine Meat)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sascha Mattke
Inhaltsverzeichnis

Die reichen Länder sollten damit aufhören, echtes Rindfleisch zu essen, und zwar vollständig, forderte der Microsoft-Gründer und heutige Philanthrop Bill Gates vor kurzem in einem Interview zur Vorstellung seines Buches über Maßnahmen gegen die drohende Klima-Katastrophe.

Wegen der hohen Methan-Emissionen selbst in optimierter Viehzucht fürchte er, synthetische Alternativen seien zumindest bei Rind unverzichtbar, erklärte Gates vorsichtig. Einige davon hat er selbst finanziert, und auch sonst wird bei klimaschonendem und nicht zu vergessen tierfreundlichem Fleisch-Ersatz intensiv geforscht und investiert. Ein israelisches Unternehmen zum Beispiel will bald pflanzliches Fleisch aus 3D-Druckern auf den deutschen Markt bringen.

Gates hat sich unter anderem an Memphis Meats beteiligt, einem jungen Unternehmen aus Kalifornien, das Fleisch im Labor aus tierischen Zellen kultiviert. Vor gut einem Jahr bekam es eine weitere Finanzierungsrunde, diese bereits im Volumen von 161 Millionen Dollar, und will damit in den kommenden Jahren Produkte auf den Markt bringen.

Darüber hinaus hat Gates auch in die Alternativ-Fleischentwickler Beyond Meat und Impossible Foods investiert, die mit ihren rein pflanzlichen Produkten teilweise schon im Handel sind. McDonald plant sogar eine ganze Linie von Pflanzen-Burgern, die zusammen mit Beyond Meat entwickelt werden.

Das zeigt, wie gefragt pflanzliches Fleisch ist. Gegenüber seinem Labor-Investment Memphis Meats zeigte sich Gates dagegen bemerkenswert skeptisch: Er wisse nicht, ob aus Zellen gezüchtetes Fleisch jemals wirtschaftlich sein werde, sagte er. Impossible Foods und Beyond Meat mit ihren Pflanzen-Produkten aber hätten eine Planung für Kosten und Qualität, die sie absolut wettbewerbsfähig machen werde.

In dieselbe Richtung geht auch das israelische Unternehmen Redefine Meat. Es setzt ebenfalls auf rein pflanzliche Zutaten, will dabei aber mit einem speziellen Ansatz noch stärker an das echte Fleisch-Gefühl beim Verzehr herankommen: Es lässt seine Produkte in speziell dafür entwickelten industriellen 3D-Druckern entstehen. Textur, Geschmack und Ess-Erlebnis soll dadurch gleich sein wie bei Rind und anderem hochwertigen Fleisch, erklärt das Unternehmen, und verspricht 95 Prozent weniger Umweltbelastung.

An Redefine Meat ist unter anderem die deutsche PHW-Gruppe beteiligt, zu der die bekannte Geflügel-Marke Wiesenhof gehört. In einer neuen Kapitalrunde Mitte Februar nahm das Unternehmen weitere 29 Millionen Dollar ein. Damit soll laut einer Mitteilung das Produkt-Angebot vergrößert und der Marktstart mit internationalem Wachstum in diesem Jahr finanziert werden. Bis 2030 will Redefine gar zum weltweit größten Anbieter von Alternativ-Fleisch werden.

Wie die Wirtschaftswoche im Januar berichtete, soll der Weg dorthin frühzeitig über Deutschland führen. Noch im ersten Halbjahr 2021 sollen Redefine-Produkte auch in Deutschland und der Schweiz erhältlich sein, kündigte der Gründer Eshchar Ben-Shitrit gegenüber der Zeitschrift an. Diese Expansion ins Ausland beginne mit Restaurants, später solle das Fleisch neuer Definition auch in die Geschäfte kommen. In der Heimat Israel wurde bereits eine Vertriebsvereinbarung mit dem großen Fleischhändler Best Meister geschlossen.

Ein gemeinsamer Test der beiden Unternehmen in einem Vorort von Tel-Aviv erbrachte nach Angaben von Redefine Meat eine „Akzeptanzquote von mehr als 90 Prozent“. Dazu wurde mit dem Werbe-Motto „Ein neues Fleisch für die Stadt“ ein Imbiss-Wagen aufgestellt, der die Erwartungen dann deutlich übertraf, wie Gründer Ben-Shitrit berichtete: Man habe eigentlich nur mit 200 Besuchern an 2 Tagen gerechnet, letztlich seien aber 600 Neugierige an nur einem Tag gekommen und hätten sich zum Teil 50 Minuten in die Schlange gestellt.

Erst nach dem Verzehr wurden die Imbiss-Kunden aufgeklärt, was sie eigentlich gegessen hatten. Die Rückmeldungen zeigten nach Angaben von Redefine Meat dann „überwältigend“, dass die eigenen Produkte bei Geschmack, Konsistenz und Gefühl im Mund mit echtem Fleisch vergleichbar seien. In einer anderen Information erwähnt das Unternehmen außerdem, die eigenen Produkte würden sogar weniger kosten als das echtes Fleisch.

Beides zusammen könnte ausreichen, um auch eingefleischte Freunde von echten Steaks und Würsten zu überzeugen. Redefine Meat und andere Anbieter mit ähnlichen 3D-Konzepten würden dann dafür sorgen, dass die von Gates geforderte Total-Abkehr von natürlichem Rindfleisch auch ohne gesetzliche Vorgaben möglich ist. Und das wäre sicher hilfreichl, denn wie Gates selbst sagte, wäre ein Verbot von echtem Fleisch politisch überaus heikel.

(sma)