Besser einkaufen

Mit der Freigabe von Oxid eShop als Open-Source-Software bekommen osCommerce & Co. gewichtige Konkurrenz. Die Software überzeugt vor allem durch Usability auf Shopnutzerseite. Zum weltweiten Erfolg fehlt vor allem noch eine saubere Internationalisierung.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Patricia Jung
Inhaltsverzeichnis

Dass sich Oxid eShop als Webshop-Lösung mit gutem Ruf in die Reihe der dual-lizenzierten kommerziellen Open-Source-Produkte einreiht, mag viele erleichtern, die osCommerce verbesserungsbedürftig und Magento [1] noch nicht ausgereift finden.

Die gute Nachricht hat aber auch Schattenseiten: Zwar steht das Shopsystem selbst unter der GPL v3 und die vom Freiburger Hersteller Oxid eSales erstellte Onlinedokumentation unter der „Creative Commons Attribution-Noncommercial-No Derivative Works 3.0“-Lizenz. Doch Module von Drittanbietern betrifft Oxids Open-Source-Engagement nicht automatisch, auch wenn Oxid-eSales-CEO Roland Fesenmayr deren Anbieter explizit zur Dual-Lizenzierung einlädt.

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Insbesondere das Importer-Modul von D3 Data Development (diesen und weitere Links findet man über den unten genannten iX-Link), das Artikellisten im CSV-Format importiert, gibt es derzeit nicht für die Community Edition. Selbst wer dieses käuflich erwirbt, kann es damit nicht legal einsetzen. Roland Fesenmayr hofft in diesen Fällen darauf, dass Modul-Provider der Argumentation der FSF (Free Software Foundation) folgen, dass die GPL den Verkauf der nach GPL lizenzierten Software nicht verbietet. D3 Data Development teilte auf Anfrage mit, dass die Firma eine Dual-Lizenzierung einiger ihrer Module prüfe.

Wer derzeit testweise migrieren möchte, muss daher auf eigene Skripte zurückgreifen. Die MySQL-Datenbank per SQL-Skript zu füllen, empfiehlt sich aber ebenso für neue Shops. Denn selbst wenn das Web-Interface zum Einpflegen von Artikeln vergleichsweise gut gestaltet ist, handelt es sich auch bei wenigen Artikeln um eine langwierige Aufgabe. Erschwert wird dies freilich durch die fehlende Dokumentation des Tabellenlayouts.

Vorausgesetzt, man hat die weder auf der Download-Seite verlinkten noch im Zip-Archiv enthaltenen Systemvoraussetzungen aufmerksam gelesen und Apache, PHP sowie MySQL vorab entsprechend konfiguriert, bereitet die Installation der Shoplösung wenig Schwierigkeiten. Insbesondere sollte man darauf achten, dass man die MySQL-Datenbank für den Shop samt Benutzer vorab anlegt, PHP 5.2.x benutzt, die php.ini-Variable memory_limit für CGI-Skripte auf 30M setzt und die Apache-Direktive AllowOverride für das Installationsverzeichnis nicht auf None stehen hat. Die Installationsroutine prüft die Installationsvoraussetzungen nämlich nicht und gibt auch keine konkreten Fehlerhinweise.

Das Problem, dass der Browser auf manchen Systemen die Umlaute falsch darstellt, wie im nebenstehenden Screenshot des Demoshops zu sehen, lässt sich durch manuelles Umschalten auf die Zeichenkodierung ISO-8859-15 beheben.

Den Namen des Shopadmin-Benutzers und dessen Initialpasswort, admin und admin, muss man sich auf der Webseite zusammensuchen – auch dies ist weder im Zip-Archiv noch im Zusammenhang mit der Community Edition dokumentiert. Der Hersteller verspricht aber, demnächst einen entsprechenden Hinweis in den Setup-Dialog einzubauen.

Zwar ist der Admin-Bereich sinnvoll und übersichtlich gegliedert, die Onlinehilfe für die Konfiguration lässt einen jedoch gelegentlich im Stich (Abb. 1).

Der Admin-Bereich selbst stellt sich gut gegliedert dar (Abbildung 1). Leider beschreibt die vom Webserver des Herstellers extern geladene Onlinehilfe oft nur die ohnehin selbst erklärenden Punkte. So fehlt der Handbuchseite zu den Stammdaten die Information, welche Folgen etwa das Ankreuzen der Felder Produktivmodus und Aktiv hat. Viele dialogspezifische Hilfeseiten existieren noch gar nicht.

In solchen Fällen wird man zur allgemeinen FAQ-Seite umgeleitet. Die enthält aber keineswegs eine FAQ, sondern präsentiert auf neun (!) einzeln anzuklickende Seiten den Handbuchinhalt noch einmal alphabetisch sortiert nach Überschriften (und damit wenig nutzerfreundlich). Zwar sieht der Hersteller als Qualitätssicherungsansatz vor, Hilfeseiten mit einer Note zu bewerten, aber eine Möglichkeit, Kritik auszuformulieren, hat man nur, wenn man sich bei www.oxid-esales.com anmeldet und einloggt. Ein entsprechender Hinweis im Administrations-Interface fehlt aber.

Andererseits erweisen sich tatsächlich viele im Web-Interface aufgeführten Optionen als selbst erklärend und enthalten nützliche Zusatzhinweise wie den, dass das Speichern von IP-Adressen unter Umständen ein Datenschutzverstoß sei. Das macht deutlich, dass sich der Hersteller ernsthaft um gute Usability bemüht, nur bislang noch nicht genügend Energie hineingesteckt hat.

Wer mehrere Shops einrichten will, muss dies einzeln tun. Anders als etwa Magento erlaubt es die Community Edition nicht, mehrere Shops gemeinsam zu administrieren. Nur die ab 12 990 Euro erhältliche Enterprise Edition lässt sich kostenpflichtig um Mandanten- und damit Multishop-Fähigkeit aufrüsten.

Negativ fällt auf, dass man sich beim Einrichten des Shops entscheiden muss, ob man sich in Oxids bisherigem Kernbereich der deutschsprachigen Länder oder international bewegen will. Die mitgelieferte englische Lokalisierung beschränkt sich vielfach auf Optionsbezeichnungen; viele Voreinstellungen (inklusive des Shop-Interface) sind auch bei Installationssprache Englisch noch auf Deutsch gehalten.

Hier fällt die mangelnde Dokumentation noch stärker auf: Die Hilfe-Links landen grundsätzlich auf der Startseite zur englischsprachigen Community-Dokumentation, auf der derzeit – abgesehen von der von Doxigen erzeugten API-Dokumentation – noch gähnende Leere herrscht. Letztere enthält im Übrigen keinerlei Code-Beispiele für potenzielle Modulschreiber, und die nicht alphabetische Sortierung der Memberfunktionen einer Klasse macht sie wenig übersichtlich.

Generell ist das Thema Internationalisierung/Lokalisierung der größte Haken für global agierende E-Shops.

So kennt beispielsweise die Artikeltabelle oxarticles einige Spalten wie OXTITLE in genau vierfacher Ausfertigung: OXTITLE nimmt den deutschen Artikelnamen auf, OXTITLE_1 die englische Übersetzung, OXTITLE_2 Passendes in der dritten Sprache und OXTITLE_3 in der vierten. Eine fünfte Sprache lässt sich damit ohne Änderung am Tabellenlayout nicht integrieren.

Da Oxid die Sprachen fortlaufend durchnummeriert, stimmen die Zuordnungen zu den entsprechenden Spalten nicht mehr, sobald man in den Stammdaten Deutsch als zuoberst aufgeführte Sprache löscht: Nun gehören die deutschen OXTITLE-Einträge zur ersten vorhandenen Sprache, also Englisch, und so weiter. Lediglich die Lokalisierung des Web-Interface ändert sich passend.

Lokalisierung in Drittsprachen ist mühsam: Neben den Einzelartikeln muss auch das Web-Interface übersetzt werden (Abb. 2).

Allerdings muss man für neu hinzugefügte Sprachen erst einmal lokalisierbare Dateien anlegen, etwa indem man die Ordner out/basic/de/ und out/admin/de/ mit den deutschen Lokalisierungsdaten für Shop- beziehungsweise Admin-Interface nach out/basic/<Sprachkürzel> beziehungsweise out/admin/<Sprachkürzel> kopiert. In den darin enthaltenen PHP-Dateien passt man die Variablen sLangName und sLangNr entsprechend an (die tatsächliche Übersetzung kann man später erledigen). Vergisst man dies, zeigt der Shop in der neuen Sprache lediglich Platzhalter (Abbildung 2) und eine vollkommen leere Startseite an. Für die Zukunft verspricht der Hersteller, diese Aufgabe mit einem Übersetzungs-Tool zu erleichtern und Übersetzungen auf der Community-Plattform bereitzustellen.

So schwierig sich das Thema mehrsprachige Shops gestaltet, so sehr überzeugt Oxid eShop beim Einkaufen: Da lassen sich Produktbeschreibungen zum Vergleich nebeneinanderlegen, Wunsch- und Merkzettel anlegen und Produkte in diversen Social-Bookmarking-Diensten wie Mister Wong, Del.ico.us beziehungsweise shopeigenen Favoritenlisten merken. Artikel dürfen kommentiert und per Mail weiterempfohlen werden, und die Preisalarm-Funktion erlaubt es, sich benachrichtigen zu lassen, wenn der Preis eines Produkts unter eine bestimmte Grenze fällt.

Für den kurzen Draht zum Shop-Betreiber sorgt auf jeder Produktseite der Link „Sie haben Fragen zu diesem Produkt?“, der auf Mausklick das Mailprogramm öffnet. Auch den Warenkorb hat man im Originallayout stets gut im Blick.

Bei der Registrierung schränkt Oxid die Eingabe von Mailadressen nicht über den Standard hinaus ein (sehr viele andere Webapplikationen weisen RFC-widrig Mailadressen ab, die im local part links vom @ ein Pluszeichen enthalten). So erleichtert Oxid auch mit der Community Edition das Online-Einkaufen.

Weitere umsatzfördernde Maßnahmen (genannt seien Beigaben, Rabatte, die sich auf Kunden und Kundengruppen beschränken lassen, das Erzeugen von Gutscheinen oder Cross Selling) gehören zum Repertoire. Allerdings fällt die Usability im Admin-Bereich deutlich ab: So zeigt der jedem Artikel zugeordnete Reiter Crosssell. bereits zugeordnete Cross-Selling-Produkte und Zubehör nicht an. Für einen Überblick muss man auf die den Reiterinhalt ausmachenden Buttons Crosssellings beziehungsweise Zubehör zuordnen klicken – auch wenn man gar nichts ändern will.

Alle Wünsche erfüllt Oxid eShop allerdings nicht. So ist es nicht möglich, bei Kauf eines Artikels automatisch einen kostenpflichtigen zweiten Artikel in den Warenkorb zu legen, wie dies beispielsweise für Pfandregelungen nötig wäre. Für diese Aufgabe muss man ein eigenes Modul entwickeln.

Potenziellen Entwicklern erleichtert die Version 4.0 die Arbeit deutlich: Tatsächlich besteht die größte Neuerung im Vergleich zur vollständig kommerziellen Vorgängerversion darin, dass Oxid nun die Objektorientierung von PHP 5 ausnutzt. Der Code-Rewrite hatte zum Beispiel zur Folge, dass die Warenkorbklasse oxBasket komplett neu strukturiert wurde. Deren ehemals rund 800 Zeilen lange Funktion CalculateBasket() schrumpfte dabei auf knapp 60 Zeilen zusammen, die nun ihrerseits auf Untermethoden zurückgreifen.

Angesichts dessen bleibt zu hoffen, dass Beiträge aus der Open-Source-Community die jetzt schon gute Ausgangsbasis bald ergänzen. Die Reaktionszeiten im Forum zeigten im Test, dass der Hersteller es mit der Unterstützung dafür ernst nimmt. Um auch international interessant zu werden, muss er allerdings die Spracheinbindung sauberer lösen und die Dokumentation verbessern.

Patricia Jung
ist freiberufliche Autorin, Redakteurin, Systemadministratorin sowie Test- und Community-Managerin mit Schwerpunkt Linux/Unix und Open Source.

[1] Daniel Koch; E-Commerce; Kaufrausch; Magento: Webshop auf Open-Source-Basis; iX 7/2008, S. 58

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iX-WERTUNG

[+] einfache Installation und Konfiguration
[+] übersichtliche, oft selbst erklärende Admin-Oberfläche
[+] kundenfreundlicher Shop
[-] unübersichtliche und lückenhafte Dokumentation
[-] mangelhafte Internationalisierung/Lokalisierung
[-] fehlende Mehrshop-Fähigkeit

(ur)