Ausprobiert: Photogrammetrie mit RealityCapture

Die Software läuft auf dem eigenen Rechner statt in der Cloud, erzeugt aus Fotoserien detaillierte 3D-Dateien und hat ein für Maker interessantes Preismodell.

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Von
  • Peter König
Inhaltsverzeichnis

Photogrammetrie ist eine faszinierende Sache: Man füttert spezielle Software mit einer Reihe von Bildern, die ein Objekt aus verschiedenen Perspektiven zeigen (alternativ mit einem Video, das man aufnimmt, während man das Objekt umschreitet) und erhält auf Knopfdruck ein 3D-Datenmodell des Objekts, optional mit farbigen Texturen belegt. Die fertige 3D-Datei kann man anschließend in 3D drucken oder das Objekt in virtuelle Welten einbauen, etwa Computerspiele oder VR-Anwendungen.

Die Photogrammetrie-Software hat für dieses Kunststück allerdings eine Menge zu tun: Im ersten Schritt, der sogenannten Registrierung, muss sie sich erst einmal ein Bild davon machen, von wo aus genau die einzelnen Aufnahmen geschossen wurden – und das rekonstruiert sie alleine aufgrund dessen, was auf den Bildern zu sehen ist. Anschließend fahndet sie nach charakteristischen und auffälligen Details, die auf mehreren Fotos zu sehen sind, berücksichtigt dabei den Ort, von dem das jeweilige Bild aufgenommen wurde, und berechnet aus allem zusammen ein 3D-Gittermodell des originalen Objekts, das schlussendlich mit einer Fototextur belegt wird.

Das ist alles ziemlich aufwändig, besonders bei großen Input-Datensätzen aus vielen Fotos mit vielen Pixeln. Deshalb gab und gibt es immer wieder Anbieter, die solche Berechnungen in der Cloud abwickeln – der Benutzer installiert sich nur einen schlanken Client, der zum Teil sogar auf dem Smartphone läuft, nimmt damit Fotos oder Videos auf, schickt das Material auf den Server des Herstellers und kann nach einiger Wartezeit das fertige 3D-Modell bewundern. Kostenlos gab es so etwas mal von Autodesk unter dem Namen 123D Catch, zuletzt hatten wir bei Make die günstige iOS-App Trnio im Test, die für ein paar Euro dasselbe bot.

Die Cloud ist vielen aber suspekt, sie wollen ihre Fotos und 3D-Daten lieber auf dem eigenen Rechner wissen. Natürlich gibt es auch dafür Software, meist professionelle (die auch amtliche Hardware, besonders bei der Grafikkarte erfordert, wenn die Rechenzeiten im Rahmen bleiben sollen). Oft ist aber auch deren Preis professionell. Ausnahmen bilden etwa das kostenlose Meshroom oder 3DF Zephyr, von dem es eine Free-Version für den privaten Gebrauch gibt, die aber nur bis zu 50 Aufnahmen verarbeitet.

Ausprobiert: Photogrammetrie-Software RealityCapture (11 Bilder)

Dieses 3D-Modell der Grottenfigur aus einem Park in Hannover brachte RealityCapture bei Standard-Qualitätseinstellung hervor. Im Hintergrund sind sogar einige Efeublätter zu identifizieren, die Figur selbst wirkt an einigen Stellen etwas grob ...

Die slowakische Firma Capturing Reality geht mit ihrer Windows-Software RealityCapture einen etwas anderen Weg: Man kann sich diese kostenlos herunterladen, auf dem eigenen Rechner installieren, Bilddatensätze verarbeiten, alles ausprobieren – und erst, wenn man ein fertiges 3D-Modell etwa im OBJ-Format herunterladen will, muss man dafür bezahlen. Die gesamte Verarbeitung läuft dabei auf der eigenen Hardware (eine Nvidia-Grafikkarte mit CUDA 3.0+ ist allerdings Pflicht), eine Internetanbindung ist nur für die Bezahlung nötig (und auch erst dann braucht man ein Benutzerkonto beim Hersteller). Die Preise sind günstig, dazu gleich mehr.

Die Bedienung der Software fällt auch Einsteigern leicht, denn beim ersten Programmstart wird man eingeladen, sich Schritt für Schritt durch das Verfahren führen zu lassen. Weil die ausführlichen Erklärtexte auch auf Deutsch zur Verfügung stehen, klappt das auf Anhieb. Zudem erledigt die Software vieles praktisch vollautomatisch, etwa die Registrierung, also die Ausrichtung der Bilder untereinander, wobei die Kamerapositionen rekonstruiert werden. Bei all unseren Versuchen hatte RealityCapture kein einziges Mal Zweifel, wo ein Bild hingehört. Dabei haben wir eigens versucht, die Software zu triezen, indem wir ihr zum Beispiel zwei Fotoserien desselben Objekts auf einmal vorgesetzt haben, zu unterschiedlichen Jahreszeiten mit unterschiedlichen Kameras aufgenommen, noch dazu waren die Bilder einer Serie konsequent um 90 Grad verdreht ... alles kein Problem.