IT Factory implodiert

Lars Munch Johansen, Gründer und ehemaliger Chef des Notes/Domino- und Exchange-Spezialisten IT Factory, ist mit seinem Expansionsprogramm gescheitert.

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Lars Munch Johansen, der Gründer und ehemalige Chef von IT Factory, ist mit seinem Expansionsprogramm gescheitert. Johansen hat das Unternehmen verlassen, der ursprüngliche und einzig verbliebene dänische Investor 2M Invest A/S wird den Sitz des Unternehmens zurück nach Kopenhagen verlegen.

IT Factory wurde bekannt als Tool-Hersteller für Lotus Domino und Microsoft Exchange. Auf der letzten Microsoft Exchange Conference in Orlando wurde das ITF Development Center for Microsoft noch als Best Developer Tool at MEC ausgezeichnet. Im Oktober letzten Jahres überraschte das Unternehmen mit der Ankündigung, in Zukunft auch Lösungen für Exchange 2000 anbieten zu wollen. Viele Beobachter sahen darin eine Abkehr von der Domino-Plattform. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass IT Factory wie viele andere durch die Kapitalgeber gedrängt wurde, auf mehr als ein Pferd zu setzen und mit Domino und Exchange den Markt vollständig zu bedienen. Die Akquisition von ECMS passte in dieses Bild, das sich bei IT Factory schon im Juni letzten Jahres durch den Einkauf der niederländischen Documentaal abzeichnete, ein auf die Integration von Microsoft Office und Lotus Notes spezialisiertes Unternehmen.

Bereits im Vorfeld des Exchange-Engagements zeigte sich Johansen mit dem zögerlichen Marketing von Lotus unzufrieden. In einem Interview in Ausgabe 20/2000 von c't meinte er: "Gestern hatte J. D. Edwards eine doppelseitige Anzeige im Wall Street Journal mit einer einzigen Aussage: Collaborate or Die. Ist es nicht seltsam, dass Lotus, die Collaboration erfunden haben, dies nicht in gleicher Weise pushen?"

IT Factory wurde mit zahlreichen Lotus Beacon Awards ausgezeichnet. Auch mit der Berufung von Jeff Papows, dem ehemaligen Lotus-Chef, in den Vorstand sowie Notes-Urgestein Tim Halvorsen als Berater machte das Unternehmen auf sich aufmerksam. In Deutschland scheiterte das Unternehmen am beinharten Wettbewerb mit Lotus, die hier eine eigene Entwicklungsarchitektur mit dem Namen Lotus Solution Architecture (LSA) durchsetzen wollten. Vor einem Jahr machte Lotus einen weiteren Anlauf mit der nun als LiSA firmierenden Architektur.

Mit der Akquisition von Synergistics hat sich IT Factory dann endgültig verhoben. Die Mitarbeiterzahl wuchs auf über 400. Wie aus Unternehmenskreisen zu vernehmen ist, stimmten weder die Umsatzzahlen im Domino- noch im Exchange-Bereich. In den letzten beiden Monaten hatte das Unternehmen Schwierigkeiten, Löhne und Gehälter zu zahlen. Nun ist geplant, die erworbenen Tochterunternehmen wieder zu veräußern. IT Factory soll sich mit einer Kerntruppe von etwa 40 Mitarbeitern wieder auf das Produktentwicklungsgeschäft zurückziehen. Zahlreiche Satellitenbüros sollen zudem geschlossen werden. 2M Invest A/S investiert erst einmal weitere 13 Millionen dänische Kronen in das Unternehmen. Asger Jensby, ehemals Chef von CSC Scandinavia, wird als Investor und Berater hinzustoßen. Ein neuer CEO als Nachfolger von Lars Munch Johansen soll im Laufe der Woche benannt werden. (Volker Weber) (jk)