Lotusphere: Rnext ist tot, es lebe Notes/Domino 6

Voraussichtlich im dritten Quartal 2002 soll das neue Notes/Domino erscheinen -- ohne einige Erweiterungen, die sich in den Betas andeuteten.

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Schwer hat sich Lotus getan, sehr schwer: Nach R5 hieß es immer nur Rnext, wenn von der nächsten Version von Notes und Domino die Rede war. Spötter sprachen auch gerne von Rlast. Dem Vernehmen nach war SAP nicht amüsiert darüber, dass Lotus die Marke R/3 verwässern könnte. Zugleich war sich das Marketing uneins darüber, ob man mit der Version 6 vielleicht einen zu großen Versionssprung wagen würde.

Auf der Lotusphere kreißte der Berg nun und gebar eine Maus. Die nächste Version heißt ganz schlicht 6. Nein, nicht R6, sondern einfach Notes 6 respektive Domino 6. Voraussichtlich im dritten Quartal 2002 soll die endgültige Version erscheinen. Die bisherige Aussage "wenn es fertig ist", war den Kunden nicht konkret genug. Immerhin jährt sich in drei Monaten der Erscheinungstermin von R5 zum dritten Mal. Diesmal muss Lotus unbedingt eine bessere Qualität liefern, damit sich die Kunden, die bereits die Null-Nummer ausliefern wollen, nicht die Finger verbrennen.

Viele Dinge, die sich in den Rnext-Betas ankündigten, wird es in Domino 6 nicht geben. Vor allem im Umfeld von JSP (Java Server Pages) und Servlets gibt es umfangreiche Änderungen. So tauchte im Rahmen der Beta-Versionen bereits Tomcat, eine Servlet Engine mit JSP-Container, aus dem Apache-Jakarta-Projekt auf. Zur DNUG-Konferenz in Hannover rutschte dann, wohl eher unabsichtlich, die Information heraus, dass IBM Tomcat nun doch nicht verwenden, sondern stattdessen auf Websphere setzen will. Anfang Januar kamen dann Gerüchte auf, dass Domino nur Servlets, nicht aber JSPs unterstützen werde. Das passt jedoch nicht zur aktuellen Websphere-Engine. Auf der Lotusphere durfte nun die Katze vollständig aus dem Sack: In Domino 6 wird weiterhin die mittlerweile sehr alte Servlet-Engine aus R5 mitgeliefert. Sie dient allein zur Wahrung der Kompatibilität bestehender Anwendungen. Will der Kunde hingegen J2EE-Anwendungen entwickeln, dann muss er zusätzlich Websphere einsetzen. Inwiefern IBM Websphere mit Domino bundeln wird, ist dabei noch ungeklärt.

IBM argumentiert, dass J2EE-Lösungen immer eine entsprechende Infrastruktur voraussetzen, in die sich Domino einfügt. Es mache demnach wenig Sinn, eine parallele Entwicklung für Domino aufzusetzen, welche die gleichen Dienste außerhalb von Websphere bereitstelle. Damit fallen auch die von den Domino-Entwicklern bereits fertig gestellten Deployment-Mechanismen weg. Bislang hieß die Devise, dass Servlets und JSPs über Domino-Datenbanken auf alle beteiligten Server repliziert werden und dort dann über eine Server-Task ins Dateisystem ausgepackt werden. Dieser Deploy-Task fällt nun ersatzlos weg, da Websphere den Standard-Mechanismus für J2EE-Umgebungen in Form von WAR- und EAR-Archiven verwendet.

Der Betabuild M12 wird in den nächsten 30 Tagen erwartet. IBM nennt diese Version Pre-Release. Sie soll bereits alle Funktionen des endgültigen Produktes enthalten. Danach geht es um die so genannte "Ilities": Scalability, Dependability, Manageability etc. pp. Es gibt bereits jetzt einige Kunden, die das Produkt in größerem Rahmen einsetzen. So tritt neben IBM auch DaimlerChrysler als Versuchskaninchen an. Dem ersten Pre-Release sollen weitere folgen. Etwa im dritten Quartal soll dann das Produkt so weit gereift sein, dass es als endgültige Version verkauft werden kann. IBM formuliert das Ziel, mit einer Nullversion anzutreten, die sogleich im großen Stil eingesetzt werden kann. Bislang warten Kunden bei Lotus-Produkten in der Regel erst einmal die ersten beiden Service-Releases ab, bevor sie an einen produktiven Einsatz denken. (Volker Weber) / (jk)