E-Government: Aller Anfang ist schwer
Das Institut fĂĽr Arbeit und Technik hat moderne Kommunikations-Dienstleistungen der Kommunen unter die Lupe genommen.
Internet, Call-Center, Bürgerämter und Serviceläden – deutsche Rathäuser öffnen immer neue Portale, um den Bürgern einen besseren Service zu bieten. Bürgerämter für den Hauptstrom des Publikumsverkehrs sind in den meisten längst Standard. Die anderen Informationsdienste lassen allerdings noch stark zu wünschen übrig. Das ergaben Untersuchungen des Intstitut für Arbeit und Technik IAT in Gelsenkirchen zum Stand von Technik und Organisation der neuen Verwaltungsportale. Mancher Bürger, ratlos im Internet und von überlasteten Telefonzentralen endlos weiterverbunden, nimmt entnervt den lästigen Behördengang in Kauf.
Im Internet präsentieren sich inzwischen fast alle Stadtverwaltungen zumindest mit einem "Schaufenster", das Sehenswürdigkeiten der Gemeinde, Öffnungszeiten der Ämter und einige statistische Daten präsentiert. Wichtige nächste Schritte wären, dass der Bürger nicht nur ein Formular über das Internet anfordern, sondern komplette Transaktionen auf elektronischem Wege abwickeln kann, zum Beispiel einen Wohnsitz anmelden oder die Steuererklärung abgeben. Ende 2000 bot erst ein Drittel der deutschen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern kommunale Dienstleistungen über das Internet an.
Call-Center, deren Mitarbeiter den Anrufer persönlich qualifiziert informieren, sind für die öffentlichen Verwaltungen in Deutschland noch überwiegend Neuland. In vielen Rathäusern ist die herkömmliche Telefonzentrale technisch und personell unzureichend ausgestattet und in Spitzenzeiten deutlich überlastet. Eine Möglichkeit, die Telefondienste zu modernisieren sind Call-Center. Sie können zentral oder speziell für einzelne Fachbereiche – wie Kfz-Anmeldungen, Baugenehmigungen oder als Beschwerdetelefon eingerichtet werden. Die technische Ausrüstung von Call-Centern reicht allerdings nicht aus. Verwaltungsvorgänge müssen ebenfalls an die neuen Arbeitsbedingungen angepasst und die Qualifikation der Beschäftigten sichergestellt werden. Verschiedene Beispiele der praktischen Einführung von Call-Centern in öffentlichen Verwaltungen zeigen, dass solche Dienste schrittweise eingeführt werden sollten, um Raum für Nachbesserungen zu lassen.
Wenn die drei wichtigsten Formen öffentlicher Portale (Bürgeramt, Call-Center, Internet) kombiniert werden, lassen sich Schwächen und Nachteile der einzelnen Informationsdienste vermeiden und die Vorteile kombinieren. Verwaltungen können nach Ansicht der IAT-Forscher so einen 24-Stunden-Zugang bieten, zugleich aber auch die Verknüpfung der elektronischen Möglichkeiten mit persönlicher Beratung bieten. Nach einer Übergangszeit sollte es in naher Zukunft selbstverständlich werden, dass Bürgeramt, Call-Center und Internetangebot der Stadt aus den gleichen Datenquellen gespeist werden und sich alle Portale zu gleichwertigen Kontaktstellen entwickeln.
Die neuen Informationsdienste bieten ganz neue Chancen für mehr Öffentlichkeit und Transparenz des Verwaltungshandelns: "Bei Bürgern, Wirtschaft und Öffentlichkeit setzt sich mehr und mehr das Bewusstsein durch, dass sie ein Anrecht darauf haben: auf Rechtsinformationen, die jeder finden und verstehen kann, auf Planungsinformationen, die mit modernen Techniken anschaulich gemacht werden, auf Transparenz aller Vorgänge, die nicht dem Datenschutz oder der Geheimhaltung unterliegen," schreiben die IAT-Wissenschaftler Lothar Beyer und Rolf Brandel.
Um eine "digitale Spaltung" zu vermeiden, müsse die öffentliche Verwaltung allerdings darauf achten, dass ein chancengleicher Zugang zum Internet gewährleistet ist. Trotz der stark wachsenden Zahl privater Anschlüsse muss es öffentlich zugängliche Terminals geben, etwa in Bürgerbüros, Stadtteilzentren, Bibliotheken oder Volkshochschulen.Technische Lösungen allein reichen nicht aus: "Wo Portale heute den Bürgern helfen, sich im Dschungel der Verwaltung besser zurechtzufinden, wäre es oft die nachhaltigere Lösung, den Dschungel selbst zu lichten und mehr Aufgabenbereiche bürgerorientiert zu reorganisieren" stellen Beyer und Brandel fest. (thd)