Verstärkter Datenhunger der Bundesländer

Der Rechtsausschuss des Bundesrats will die Ermittler mit weiteren Auskunftsrechten bei Verbindungsdaten ausstatten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 37 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Grell

Der Rechtsausschuss des Bundesrats hat im Rahmen seiner Sitzung Ende der Woche Verschärfungen angemahnt bei der Neuregelung der Gesetzesgrundlage, durch die Telekommunikations-Anbieter zur Weitergabe von Verbindungsdaten ihrer Kunden an die Strafverfolger verpflichtet werden. Die Bundesregierung hatte in ihrem jüngst vom Kabinett in erster Runde abgesegneten Entwurf, der den auslaufenden §12 des Fernmeldeanlagengesetzes (FAG) ersetzen soll, eine leichte Verschärfung der Voraussetzungen zur Auskunftserteilung beschlossen. Doch die Juristen der Länder wenden sich entschieden gegen neue Hürden für die Ermittler und zeigen sich datenhungriger als Berlin.

Anträge von Bayern und Thüringen, die auf einen weit gehenden Fortbestand von §12 FAG abzielten, fanden im Justizausschuss zwar keine Mehrheit. Die meisten Ländervertreter teilten allerdings die Bedenken Niedersachsens gegen den Plan der Bundesregierung, den Auskunftsanspruch der Ermittler in Zukunft an den relativ engen Straftatenkatalog aus §100a der Strafprozessordnung (StPO) zu knüpfen. Die Niedersachsen begründeten ihren Vorstoß mit der Behauptung, dass die Maßnahmen gemäß der neuen Regelung, die in §100 StPO eingebaut werden soll, "nicht auf die Gewinnung von Erkenntnissen über Kommunikationsinhalte abzielen" würden. Dabei scheinen sie allerdings übersehen zu haben, dass eine zu den Verbindungsdaten zählende URL durchaus eine inhaltliche Information ist.

Niedersachsen drängt außerdem auf die bessere Überwachung von Mobiltelefonierern. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht allerdings bereits vor, dass Strafverfolger den zukünftigen Aufenthaltsortes eines Beschuldigten durch die Standortkennung im Rahmen des §100a StPO ermitteln könnten – und zwar auch dann, wenn sich das Handy nur im Stand-by-Modus befindet. Der angenommene Antrag Hannovers dringt nun darauf, entsprechende Abfragen von Aufenthaltsorten von Beschuldigten auch rückwirkend zu ermöglichen. Zur Speicherung solcher Verbindungsdaten sind die Anbieter durch die entsprechende Telekommunikations-Datenschutzverordnung bislang allerdings gar nicht verpflichtet. Das Bundesjustizministerium hält die Länderforderung daher für "unzulässig".

Generell dringen die Länder darauf, dass alle Diensteanbieter anders als bisher auch Verbindungsdaten auf Anordnung "aufzeichnen" und "unverzüglich" an die Ermittler weiterleiten müssen. Insbesondere bei Flatrates im Internet-Bereich, bei denen eine Erfassung der Verbindungsdaten zum Zweck der Abrechnung nicht oder nur eingeschränkt erforderlich ist, soll damit eine "bedenkliche Lücke" geschlossen werden.

Auf große Bedenken stieß im Rechtsausschuss auch das Ansinnen der Bundesregierung, die Erhebung von Daten nur bei Vorlage von Namen und Anschrift eines Beschuldigten zu gestatten. Damit würde die Überwachung von Surfern verhindert, die sich anonym über Internet-by-Call-Services ins Netz einwählen. "Massive Probleme" sehen die Länderjuristen auch bei Mobiltelefonen mit Prepaid-Karten sowie der Funkzellenabfrage unbekannter Straftäter.

Obwohl die Neuregelung der Lauschverordnung einer Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf und die Länder über die Empfehlungen des Rechtsausschusses noch diskutieren müssen, haben die Juristen ihre Beschlüsse mit Eilvermerk versehen bereits an die Bundesregierung und den Bundestag weiter geleitet. Der soll sich schon nächste Woche damit befassen. (Stefan Krempl).

Mehr in Telepolis: Terrorismus und Bürgerrechte im Internet. (gr)