Neubau des Hasso-Plattner-Instituts: Ausbildung zur IT-"Weltklasse"

In der Softwarebranche herrschten fürchterliche Zustände, klagt Siegfried Wendt. Der Chef des Hasso-Plattner-Instituts will dem abhelfen.

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Von
  • Thomas Kunze
  • dpa

"Das hier ist weltweit einmalig", schwärmt Siegfried Wendt. Der Direktor des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) meint damit keineswegs den lichtdurchfluteten Neubau aus Glas, Ziegelstein und Metall, der am Freitag dieser Woche am Rande des Universitäts-Campus in Potsdam-Babelsberg eröffnet wird. Er beschwört vielmehr den Geist, der in dem Ensemble walten soll, spricht von der Ausbildung, die die künftigen Softwarearchitekten hier genießen. "Das HPI hat eine Mission", betont Wendt. "Es will die Entstehung und Verbreitung einer Ingenieurskultur in der Software-Industrie befördern. Unsere Absolventen werden uns ab 2003 aus den Händen gerissen werden." Denn der Studiengang schließe die derzeit klaffende Lücke zwischen der Informatik und den Ingenieurswissenschaften.

In der Softwarebranche herrschten geradezu fürchterliche Zustände, klagt der Computerexperte. Er ist seit 25 Jahren in der Branche tätig, bei ihm hat der Finanzier des Instituts, der SAP-Mitbegründer und -Vorstandssprecher Hasso Plattner, einst Datenverarbeitung studiert. Wendt, der in seiner Freizeit Schopenhauer liest, geißelt seit Jahr und Tag die "Kommunikationsarmut" der Softwarespezialisten. "Niemand würde auf die Idee kommen, ein Schiff oder ein Flugzeug ohne Konstruktionsplan zu bauen. Einzig für Softwaresysteme, die eher noch komplizierter sind, gibt es keine brauchbaren Systembeschreibungen. An der Spitze jedes großen Softwareprojekts stehen vier führende Köpfe. Wenn man die vergiftet, ist das Projekt tot."

Diese Misere und die Faszination für Potsdam waren auch Antrieb für Hasso Plattner, der in Berlin-Grunewald aufgewachsen ist. 1998 entschloss er sich beinahe über Nacht zur Gründung des Instituts in der Havelstadt. Seinen langjährigen Weggefährten Siegfried Wendt holte er als Direktor nach Potsdam. Plattner stellt dem Institut über 20 Jahre insgesamt 100 Millionen Mark aus seiner Privatschatulle zur Verfügung. Der Lehrbetrieb startete 1999 in Potsdam zunächst in angemieteten Räumen mit 100 Studenten. Die Einrichtung ist der Universität Potsdam angeschlossen.

Zusätzlich spendierte der Mäzen 24 Millionen Mark für die Neubauten, mit denen im Sommer 2000 begonnen wurde. Nebst 36 Millionen Mark von der EU entstand damit auf einem 30.000 Quadratmeter großen Grundstück, das das Land Brandenburg einbrachte, inmitten eines Parks ein neuer Campus. Er umfasst drei miteinander verbundene Bauten – das Hauptgebäude des HPI, den Hörsaaltrakt sowie den Neubau für den Fachbereich Informatik der Universität – zur Unterscheidung sind die Fußböden in den Farben Grün, Rot und Blau gehalten. Beide Institute arbeiten in der Ausbildung eng zusammen.

Inzwischen lernen am HPI über 200 Studenten, betreut von neun Professoren und 15 wissenschaftlichen Mitarbeitern. Noch haben die meisten von ihnen die Gebäude nicht in Besitz genommen, sie reisen erst am Wochenende an. Die Ausstattung ist großzügig; auf einer Fläche von insgesamt 9.000 Quadratmetern gibt es drei Hörsäle und vier Seminarräume. 23 Arbeitsräume sind für praktische Übungen vorgesehen, für jeden Studenten steht ein Computer bereit. Die je nach Wahl auf sieben oder zehn Semester angelegte Ausbildung sei konsequent an den Anforderungen der Software-Industrie ausgerichtet, betont Wendt. Die jungen Leute könnten traditionelle Ingenieurstugenden wie effektive Arbeitsteilung und Kommunikation lernen, die für die Wettbewerbsfähigkeit immer wichtiger würden. Für Hasso Plattner sind die Absolventen ganz klar die künftige "Weltklasse" der Branche. (Thomas Kunze, dpa) / (jk)