"Schwarzes Schaf" macht Front gegen Microsoft

Als "LĂĽge und Rufmord" bezeichnet die Firma Compusoft den Inhalt einer Microsoft-Anzeige, in der sie als angeblicher Vertreiber von Raubkopien an den Pranger gestellt wird.

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Als "Lüge und Rufmord" bezeichnet die Firma Compusoft IT GmbH den Inhalt einer Microsoft-Anzeige, in der sie als angeblicher Vertreiber von Raubkopien an den Pranger gestellt wird. Microsoft benutzt in der Kampagne ein Anzeigenmotiv des hessischen Software-Anbieters und verleiht diesem ein "schwarzes Schaf". Gegen die Compusoft IT GmbH seien zwei Gerichtsentscheidungen erwirkt worden, heißt es weiter. Compusoft bestritt dies und setzte eine Prämie von einer Million Mark für denjenigen aus, der die Aktenzeichen der Entscheidungen nennen könne.

Microsoft ließ sich nicht lumpen und hat diese Aktenzeichen nachgeliefert. In der Erklärung des Software-Riesen heißt es dazu, man wolle mit der Annonce "eine Irreführung des Handels vermeiden und Tatsachen richtig stellen". Von einer Rufmordkampagne könne nicht die Rede sein. Die Pressemitteilung zitiert aus der Werbung des Software-Vertriebs. Man biete "mehr Sicherheit als andere Distributoren" und verkaufe nur "auf Herz und Nieren geprüfte Ware", die der Handel "mit ruhigem Gewissen" an seine Kunden weitergeben könne.

Diese Werbung stieß der Piracy-Abteilung Microsofts wohl sauer auf. Denn vor rund einem Jahr hat man durch das Landgericht Frankfurt dem Software-Vertrieb durch zwei Einstweilige Verfügungen untersagen lassen, Raubkopien von Windows 98 SE und Office 2000 anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Das Gericht habe diese Verfügungen erlassen, weil Compusoft Raubkopien von diesen Produkten angeboten und vertrieben hatte, heißt es in Microsofts Pressemitteilung weiter. Die Verfügungen hat das Oberlandesgericht auf die Beschwerde von Compusoft hin bestätigt.

Compusoft streitet aber nach wie vor den "Fälschungscharakter der betroffenen Produkte" ab und weist daraufhin, dass es sich auch bei den Entscheidungen des OLG Frankfurt keineswegs um "Urteile" handelt, sondern lediglich um "Beschlussverfügungen im Eilverfahren ohne mündliche Verhandlung". Die Prämie von einer Million Mark habe man für die Nennung von Urteilen ausgelobt. Microsoft erklärte gegenüber heise online, auf der Prämienzahlung ohnehin nicht zu bestehen.

Interessant dürfte sein, wie es weitergeht. Microsoft hat in seiner Pressemitteilung behauptet, bewusst auf juristische Mittel verzichtet zu haben. Tatsächlich aber strengt der Konzern wegen angeblicher Produktmanipulation ein weiteres Verfahren gegen Compusoft an, das im nächsten Jahr zur Verhandlung ansteht. Bei Compusoft herrscht Unklarheit darüber, was der Software-Riese damit meint. Möglicherweise sei damit das vor dem LG Frankfurt anhängige Hauptsacheverfahren gemeint.

Compusoft will seinerseits gegen Microsofts Kampagne vorgehen, da der Software-Riese das Motiv einer Compusoft-Annonce für seine eigene benutzt hat. Ferner hofft die Firma auch dagegen angehen zu können, dass Microsoft allein die vor rund einem Jahr ergangenen Eilverfügungen benutzt, um Compusoft als schwarzes Schaf abzustempeln.

Der Vorgang zeigt, dass Microsoft eine forschere Gangart bei der Eindämmung von Raubkopien einschlagen will. Erst kürzlich hatte der Software-Riese bekannt gemacht, dass er sich nach mehrmonatigen Verhandlungen mit einem deutschen CD-ROM-Produzenten auf einen Vergleich geeinigt habe. Der hatte sich von Produktionspapieren täuschen lassen, die offenbar gefälscht waren, und Raubkopien von Microsoft-Produkten hergestellt. Über die Vergleichssumme hüllt Microsoft ebenso das Mäntelchen des Schweigens wie über den Namen des CD-ROM-Produzenten.

Grundsätzlich hat Microsoft die Hersteller von CD-ROMs gut im Griff. Schon seit Jahren müssen sie sich strengen Vorgaben unterwerfen, wenn sie für den Software-Riesen produzieren wollen. Dazu gehört unter anderem die Verpflichtung, bei der Produktion von CDs für andere Auftraggeber zu kontrollieren, ob diese eventuell Software von Microsoft enthalten. Um so peinlicher ist es, wenn es trotz dieser Hochsicherheitsbedingungen gelingt, ein CD-Presswerk dazu zu bringen, Raubkopien im großen Stil herzustellen -- kein Wunder also, dass die Details des Deals nicht bekannt gegeben werden. (ps)