Der Krieg als Vater der Arbeitsplätze
Der Angriff der US-Amerikaner auf Afghanistan beschert vielen hochqualifizierten Opfern der IT-Flaute eine neue Chance auf dem Arbeitsmarkt.
"Der Krieg ist der Vater aller Dinge." Was der griechische Philosoph Heraklit rund 500 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung auf die technische Entwicklung münzte, gilt derzeit im abgewandelten Sinn für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt. Durch die Angriffswellen der US-Amerikaner und Briten auf die Taliban in Afghanistan entsteht in der US-amerikanischen Industrie ein zusätzlicher Bedarf an technisch versierten Arbeitskräften. Die Chancen für gut ausgebildete Ingenieure und Wissenschaftler, nach den diesjährigen Entlassungen vieler IT-Unternehmen wieder einen Job zu finden, sind gestiegen.
So will zum Beispiel laut dem US-amerikanischen Onlinemagazin eetimes das Luft- und Raumfahrtunternehmen Raytheon noch in diesem Jahr rund 5000 Ingenieure einstellen. Der Luftfahrtkonzern Lockheed schafft im texanischen Fort Worth 32.000 Arbeitsplätze. Dort sollen 3000 Flugzeuge im Gesamtwert von 200 Milliarden US-Dollar (224 Milliarden Euro) gebaut werden. Dabei handelt es sich um den größten Regierungsauftrag in der Geschichte der USA.
Beim Wechsel aus zivilen Unternehmen in die Rüstungbranche gibt es anscheinend kaum moralische Bedenken. Im Gegenteil: Durch die Terrorattacken vom 11. September sind viele Ingenieure patriotisch gestimmt und sehen es durchaus als Ehre an, ihren nationalen Bedürfnissen zum Beispiel beim Bau von Militärgütern nachzugehen. Andererseits bleibt angesichts eines Anstiegs der Arbeitslosenrate allein im Oktober um 5,4 Prozent bei der derzeitigen Krise der IT-Branche kaum eine Alternative außer der Rüstungindustrie.
Diese befindet sich in einem Aufschwung wie schon seit zehn Jahren nicht mehr, also seit dem zweiten Golfkrieg. Da ein Ende des Waffengangs in Mittelasien nicht absehbar ist, rechnen Analysten mit einem weiter anhaltenden Aufschwung, nachdem das Waffenarsenal unter der Clinton-Regierung vernachlässigt wurde -- in den Augen des derzeitigen US-Präsidenten ein Makel, den er gerne beheben möchte. In diesem Jahr wurde der US-Militärhaushalt von 269 Milliarden US-Dollar (301 Milliarden Euro) auf 350 Milliarden US-Dollar (392 Milliarden Euro) angehoben. Für den kommenden Februar wird eine weitere Anhebung um 50 Milliarden US-Dollar (56 Milliarden Euro) erwartet. (anw)