Rechtsstreit um Gebaren der DeNIC
Der Berliner Webspace-Vermarkter comNetworld lässt der deutschen Domain-Registrierungszentrale DeNIC verbieten, sich eine "Non-Profit-Organisation" zu nennen.
Zwischen dem Berliner Webspace-Vermarkter comNetworld und der Registrierstelle für de-Domains DeNIC eG ist ein scharfer Streit entbrannt. Mit einer einstweiligen Verfügung erwirkte comNetworld, dass die DeNIC nicht behaupten darf, Domain-Registrierungen ohne Gewinnerzielungsabsicht durchzuführen oder eine "Non-Profit-Organisation" zu sein. Am gestrigen Montag änderte die Registrierzentrale dahingehend ihre Darstellungen im Web, kündigte aber gleichzeitig an, sie werde gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch einlegen.
Kurioserweise hat das zuständige Landgericht Frankfurt jene anderen sieben Anträge auf einstweilige Verfügung gegen die DeNIC abgelehnt, in denen es um die eigentlichen Streitpunkte geht. comNetworld wirft der zentralen Domainverwaltung im Kern vor, nach der Erstregistrierung einer Domain völlig überflüssig zu sein. Der DeNIC-Verwaltungsapparat behindere die kleinen Provider, wo es nur gehe, schimpft comNetworld-Geschäftsführer Wolfgang Papenbrock. "Hier wird im Grunde Domain-Jojo gespielt", wetterte er im Gespräch mit heise online.
Papenbrock wiederholt damit den regelmäßig aufkeimenden Vorwurf, die Organisationsform der DeNIC sei ungeeignet, Top-Level-Domains möglichst unbürokratisch und transparent zu verwalten. Derzeit besteht die Genossenschaft aus 154 Internet Service Providern (ISPs). Nur diese Mitglieder dürfen Domains direkt bei der DeNIC registrieren. Nicht-Mitglieder wie comNetworld müssen die Domainanträge ihrer Endkunden folglich über ein Mitglied abwickeln.
Genau diese Konstellation führte zu dem konkreten Rechsstreit: Er geht auf ein Schreiben zurück, das die DeNIC im Juli an einige Kunden von comNetworld versandte. In diesen Briefen wurden die Kunden, ohne das comNetworld davon in Kenntnis gesetzt worden war, darüber informiert, dass sich ihre Domains im Transit-Zustand befänden. Das DeNIC versetzt Domains meist in den Transit-Status, wenn jenes Mitglied, das für die Erstregistrierung verantwortlich zeichnet, meldet, dass es Zahlungsschwierigkeiten bei einem Reseller, also einem "untergeordneten" Provider gibt. In diesem Fall fordert das DeNIC die Domain-Inhaber dazu auf, einen Domain-Transit und einen eventuellen Providerwechsel durchzuführen.
"Die Domains waren sauber verwaltet und bezahlt", beschwert sich Papenbrock. Es könne nicht angehen, dass seine Kunden zum Providerwechsel aufgefordert werden. DeNIC-Justiziar Stephan Welzel verweist darauf, dass comNetworld die Registrierungen über einen Provider durchführte, der ebenfalls kein DeNIC-Mitglied sei. Es sei nicht Sache der DeNIC, über die Verträge der Nicht-Mitglieder zu wachen. Hier habe eine "unglückliche Vertragskonstellation" vorgelegen.
Gleichzeitig besteht die DeNIC darauf, mit jedem einzelnen Domain-Inhaber ein Vertragsverhältnis zu haben, das sie zum Ändern des Domain-Status und zur direkten Ansprache der Providerkunden berechtige. "Egal, bei welchem Provider ein Kunde seine Domain hosten läßt – er bekommt von uns eine singuläre Leistung, nämlich den DNS-Eintrag. Damit ist er auch bei uns Kunde", beharrte DeNIC-Geschäftsführerin Sabine Dolderer im Gespräch mit heise online. "Alles andere wäre auch Unsinn: Für Domain-Inhaber gäbe es ein böses Erwachen, wenn wir auf einmal sagen würden, es gäbe keinen Vertrag." Wenn comNetworld mehr Einfluss auf die Registrierungen seiner Kunden haben wolle, stehe es der Firma frei, selbst einen Mitgliedsantrag bei der DeNIC zu stellen. "Wir sind nicht der abgeschottete Club, als der wir oft dargestellt werden", sagte Dolderer.
Große Verwirrung stiftet nun aber die Begründung des Frankfurter Landgerichts. Zwar hält das Gericht die DeNIC für berechtigt, Schreiben wie das oben erwähnte zu versenden, erklärt jedoch gleichzeitig, dass die DeNIC zu den Kunden von comNetworld "keine Vertragsbeziehungen unterhält." In einem internen Schreiben an seine Mitglieder, dass heise online vorliegt, bestätigt Justiziar Welzel, dass er darüber irritiert sei. Im Zusammenhang gelesen könne dies nur bedeuten, dass das Gericht sagen wollte, über eine reine Domainregistrierung hinaus bestehe kein Vertragsverhältnis zwischen der DeNIC und dem Endkunden. "Letztlich allerdings spielt all dies keine Rolle, weil die allein verbindliche Entscheidungsformel keine Feststellung über die Vertragssituation enthält." Nichts genaues weiß man also derzeit nicht.
comNetworld-Geschäftsführer Papenbrock möchte die Situation geklärt wissen und notfalls den Fall vor das Oberlandesgericht tragen. "Wer ein 'öffentliches Gut' verteilt und verwaltet, wie das der Länder-TLD .de für Deutschland, ist zu besonderer Sorgfalt und verantwortungsbewusstem Handeln verpflichtet. Die DeNIC eG muss sich fragen lassen, ob sie dieser Aufgabe derzeit noch gewachsen ist", schreibt er. Auf iher Website hat seine Firma viele den Fall betreffenden Dokumente veröffentlicht, unter anderem auch ein internes Schreiben des DeNIC-Justiziars Welzel. Dieser fühlt sich dadurch auf den Schlips getreten: "Eine solche Vorgehensweise halte ich, um es sehr zurückhaltend zu formulieren, für höchst ungewöhnlich." (hob)