Schweizer Abhörgesetz auf Warteschleife

Die Einführung eines neuen Gesetzes über die Überwachung des Fernmeldeverkehrs in der Schweiz verzögert sich wegen Unklarheiten bezüglich der E-Mail-Überwachung.

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Von
  • Nick Lüthi

Eigentlich hätte das "Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs", kurz BÜPF genannt, schon am 1.September in Kraft treten sollen. Doch fehlende Details in der Ausführungsverordnung hinsichtlich der E-Mail-Überwachung sind laut eines Sprechers des Schweizer Justizministeriums der Grund, warum das Gesetz erst am 1.Januar 2002 eingeführt werden soll.

Die Intention des Gesetzgebers war nach eigenen Angaben die Überwachung von Post- und Fernmeldeverkehr auf die Ermittlung schwerer Delikte einzuschränken. Allerdings könnte mit dem BÜPF die Zahl der angeordneten E-Mail-Überwachungen ansteigen, da nun Behörden, die bisher aufgrund der mangelnden Rechtssicherheit auf dieses Mittel verzichtet haben, über klare rechtliche und technische Vorgaben verfügen, befürchtet der Branchenverband VIT.

Die sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete Valérie Garbani forderte "eine Statistik, die den Namen verdient" als Grundlage für parlamentarische Kontrolle der Abhörtätigkeit. Doch nicht nur in dieser Hinsicht steht die Schweiz im Einklang mit der Praxis in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten. Die entscheidenden – und noch fehlenden – technischen Ausführungsvorschriften enthalten unter anderem Vorschriften bezüglich der Standards der Schnittstellen, die von den Providern zur Überwachung eingesetzt werden müssen. Die Arbeitsgruppe Lawful Interception des European Telecommunications Standards Institute (ETSI) arbeitet an Standards für Abhörschnittstellen, die in zukünftigem Telekommunikations-Equipment enthalten sein sollen. Da die großen Netzwerkausrüster kein Interesse an einer Schweizer Sonderlösung haben, wartet man scheinbar auf die Verabschiedung des ETSI-Abhörstandards.

Mehr in Telepolis: Schweiz auf dem Weg zu neuer Abhörgesetzgebung (Nick Lüthi) / (ame)