Innenministerium will Online-Datenschutz lockern

Über den Umweg des E-Commerce-Gesetzes solle das Teledienstedatenschutzgesetz geändert und eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden.

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Völlig überraschend ist das Elektronische Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) auf Drängen des Bundesinnenministeriums von der Tagesordnung für die am morgigen Freitag geplante, entscheidende Beratung im Bundestag genommen worden. Mitglieder des federführenden Wirtschaftsausschusses bestätigten gegenüber heise online, dass das Innenministerium Änderungsbedarf beim Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) angemeldet hat und ihn über das EGG umsetzen will. Neben Strafverfolgern soll demnach auch dem Bundesverfassungsschutz der Zugang zu Nutzungsdaten der Teledienste-Anbieter ermöglicht werden.

Das Bundesinnenministerium selbst hat sich noch nicht zu konkreten Plänen im Kontext des EGG geäußert. Der von Telepolis vor einer Woche enthüllte, aus dem Hause Otto Schilys stammende "Gesetzesentwurf zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus", der in Berlin nur noch unter dem Spitznamen "Otto-Katalog" bekannt ist, weist allerdings die Richtung. Darin heißt es im zur Debatte stehenden neuen § 18a des Bundesverfassungsschutzgesetzes, dass geschäftsmäßige Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden sollen, "auf Anfrage kostenlos und auch rückwirkend" Auskunft über "Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstenutzungsdaten" zu erteilen. Die Informationsweiterleitung darf "Kunden oder Dritten nicht mitgeteilt werden."

Den momentanen Formulierungen zufolge will das Innenministerium auch eine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung einführen. Das hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in mehreren Anträgen zur inneren Sicherheit und zur Terrorismusbekämpfung bereits wiederholt gefordert.

Gegen die Festlegung genereller Mindestfristen für die Speicherung von Daten haben sich Datenschützer sowie Providervertreter wiederholt ausgesprochen. Peter Schaar, stellvertretender Datenschutzbeauftragter in Hamburg, hält eine Vorratsdatenspeicherung schlicht für "verfassungswidrig". Das Bundesverfassungsgericht habe wiederholt festgestellt, dass die Speicherung personenbezogener Daten nicht zu einer Rundumbeobachtung der Bürger führen dürfe. Die Vorratsdatenhaltung sei vergleichbar mit einer Verpflichtung der Post, sämtliche Absender- und Empfängerangaben im Briefverkehr für Zwecke einer möglichen späteren Strafverfolgung für den Zugriff der Sicherheitsbehörden bereitzuhalten.

Das 1997 erarbeitete TDDSG hatte als eines der ersten Datenschutzgesetze den Grundsatz der Datenvermeidung im deutschen Recht etabliert. Demnach müssen Teledienste bislang mit einem Minimum an personenbezogenen Datenverarbeitung betrieben werden.

Gemäß der EU-Richtlinie zum E-Commerce muss das EGG muss spätestens am 17. Januar in Kraft treten. Eine neue Dabatte über das Gesetz könnte die Umsetzung verzögern; Deutschland droht dann eine Vertragsstrafe. (Stefan Krempl) / (hod)