Die USA als globaler Internet-Polizist
Die neuen Antiterror-Gesetze der USA greifen teilweise auf der ganzen Welt und nicht nur bei terroristischen Aktivitäten.
Den USA wird gerne nachgesagt, sie würden sich wie der Weltpolizist gerieren. Die neue Anti-Terror-Gesetzgebung gibt dieser Ansicht neue Nahrung, denn mit ihr können die US-amerikanischen Ermittler auch ausländische Hacker verfolgen -- und das auch dann, wenn sie im Ausland Computer außerhalb der USA angreifen. Kritiker sehen darin eine massive Ausweitung der US-amerikanischen Souveränität. Die Bundespolizei FBI hat jetzt beim Justizministerium wegen der Klärung der Zuständigkeiten nachgefragt. Von dort kam bisher jedoch noch keine Antwort.
Die US-amerikanischen Ermittler sind theoretisch zuständig, sobald auch nur ein Teil einer Straftat in ihrem Land begangen wird. Nun führen zum Beispiel 80 Prozent des Datenstroms aus Asien, Afrika und Südamerika über Knotenpunkte in den USA. Da kann es leicht passieren, dass eine E-Mail mit strafbarem Inhalt von Japan nach Südkorea über Kalifornien versendet wird oder dass Daten eines brasilianischen Hackers durch US-amerikanische Leitungen fließen. Für das US-amerikanische Justizministerium stand beim Entwurf der Anti-Terror-Gesetze im Vordergrund, auf der ganzen Welt gegen Terroristen vorgehen zu können. Aber die Gesetze gehen noch weiter, als nur Möglichkeiten zur Überwachung von terroristischen Internetaktivitäten zu geben. Falls beispielsweise eine E-Mail pornografischen Inhalts einen Computer in Virginia auch nur passiert, verstieße sie gegen dortige Gesetze.
Noch ist kein Fall bekannt geworden, bei dem US-amerikanische Strafverfolger im Ausland wegen eines Computervergehens ermittelt hätten. Das könnte sich theoretisch ändern, wenn zum Beispiel eine Computervirus-Epidemie den nordamerikanischen Halbkontinent heimsucht und der Programmierer im Ausland sitzt. Als im Juni 2000 der Urheber des "Loveletter"-Virus Onel de Guzman dingfest gemacht wurde, gab es gegen ihn in seinem Heimatland Philippinen keine möglichen Anklagepunkte. Nach den jetzt geltenden Gesetzen hätte der Student in den USA vor Gericht gestellt werden können. (anw)