Mit fremden IP-Adressen Geld verdienen [Update]
Um die eigene Webseite rentabel zu machen, schrecken manche Betreiber auch vor Datenschutzverletzung nicht zurĂĽck.
Um die eigene Webseite rentabel zu machen und möglichst viele Werbebanner zu verkaufen, schrecken manche Betreiber auch vor fragwürdigen Vermarktungsmethoden nicht zurück. Wer etwa in jüngster Zeit dem Online-Magazin BerliNews einen Besuch abgestattet hat, findet sich auf einer Besucherliste wieder, mit der BerliNews potenzielle Werbekunden anspricht. Neben zahlreichen Firmen und Organisationen tauchen dort die Namen von Privatpersonen auf, die über eine feste IP-Adresse verfügen.
"Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist diese Geschäftspraxis zu beanstanden", sagt Rechtsanwalt Mattias Meister von der Anwaltssozietät Clifford Chance. Denn nach dem für die meisten Internetangebote relevanten § 3 Abs. 2 des Teledienstedatenschutzgesetzes (TDDSG) dürfen die zur Durchführung von Telediensten erhobenen personenbezogenen Daten für andere Zwecke nur verarbeitet und genutzt werden, soweit es gesetzlich erlaubt ist oder der Betroffene in die entsprechende Nutzung eingewilligt hat. Die Besucher von BerliNews wurden vor der Veröffentlichung jedoch nicht nach ihrer Zustimmung gefragt.
"Eine gesetzliche Erlaubnis für die Nutzung zu Werbezwecken lässt sich aus § 5 TDDSG nicht entnehmen", erläutert Meister, "gestattet ist lediglich die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses über die Nutzung von Telediensten zwischen dem Diensteanbieter und dem Nutzer erforderlich sind." Ein Vertragsverhältnis zwischen BerliNews und seinen Besuchern existiert jedoch ebensowenig wie eine Einwilligung.
Summa Summarum stelle die Veröffentlichung der IP-Adressen beziehungsweise der zugeordneten Personen einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 TDDSG dar, der nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des unlängst novellierten TDDSG den Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt und mit einer Geldbuße von 50.000 Euro geahndet werden kann, meint Meister. "Außerdem", ergänzt Jens Rikus von Clifford Chance, "ist die dargestellte Vorgehensweise auch wettbewerbsrechtlich problematisch, beispielsweise unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch". Für konkurrierende Anbieter wäre daher die Möglichkeit wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen gegeben.
Bestürzt zeigte sich Manfred Ronzheimer, Geschäftsführer von BerliNews, dem die rechtliche Brisanz dieser Marketingaktion offenbar nicht bewusst war. Er wollte die Seite umgehend überprüfen lassen. Kurz nach Erscheinen dieser Meldung war das Dokument (www.berlinews.de/werbung-leser.shtml) nicht mehr erreichbar. (ur)