Deutschlands schnellster Supercomputer kommt ins Forschungszentrum Jülich

Mit 5,8 TFLOPS Spitzenleistung soll Deutschlands leistungsfähigster Supercomputer im Zentralinstitut für Angewandte Mathematik seinen Betrieb aufnehmen.

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Von
  • Andreas Stiller

Mit 5,8 TFLOPS Spitzenleistung soll im Sommer des nächsten Jahres Deutschlands leistungsfähigster Supercomputer im Zentralinstitut für Angewandte Mathematik (ZAM) des Forschungszentrum Jülich seinen Betrieb aufnehmen. Das sieht ein etwa 10 Millionen Euro schwerer Vertrag mit IBM vor. Die insgesamt 37 eServer p690s ("Regatta"), für die auch ein neues Gebäude errichtet werden muss, verdreizehnfachen die aktuelle Rechnerleistung des Instituts. Neben dem Forschungszentrum Jülich wird auch das John von Neumann Institut für Computing (NIC) die Rechenpower nutzen, um damit wissenschaftliche Problemstellungen in Physik, Chemie, Lebenswissenschaften und Umweltforschung anzugehen. Zusätzlich soll der Rechner in das Netz deutscher Supercomputer (UNICORE-Grid) eingebunden werden.

Die angegebene theoretische Spitzenleistung kann allerdings nicht ganz so ernst genommen werden, tatsächlich erreichen die schnellsten aktuellen Power4-Systeme (p690 Turbo) im realen Linpack-Benchmark nur rund die Hälfte der Spitzenleistung. Mit real möglichen 2,9 TFLOPs hängt der ZAM-Rechner aber nichtsdestotrotz das Leibnizrechenzentrum in München (168 Prozessoren Hitachi SR8000-F1/168) mit 1,68 TFLOPS und den deutschen Wetterdienst (1280 Prozessoren IBM Power3) mit 1,29 TFLOPs klar ab; er würde in der aktuellen Top500-Liste aller Supercomputer den Platz 6 einnehmen. Nach der theoretischen Spitzenleistung dagegen würde das System auf Platz drei der Top-500-Liste landen.

Ein Power4-Modul enthält als Multi-Chip-Modul vier Doppelprozessoren (zwei Kerne auf einem Die). Auf dem 13 x 13 cm großen Modul sind insgesamt 35 Chips mit 2,5 Milliarden Transistoren auf 101 Glaskeramik-Schichten untergebracht, die mit 4226 I/O-Pins und einem Kilometer Draht verbunden sind. Jeder einzelne Prozessorkern erzielt theoretisch bei 1,3 GHz 5,2 GFLOPs, sodass 35 Regatta-Systeme mit jeweils 32 Einzelprozessoren für die oben angegebene Spitzenleistung ausreichen würden. Zwei zusätzliche Regatta-Systeme dienen dann offenbar der Steuerung oder sichern als Reserve die Verfügbarkeit, sodass sie für die Spitzenleistung nicht mitzählen.

Die reale Geschwindigkeit hängt jedoch nicht nur von der Prozessorleistung, sondern auch von der Vernetzungsart der einzelnen Knotenrechner ab. So sinkt der "Wirkungsgrad" (reale Leistung/Spitzenleistung) bei langsamen Gigabit Ethernet (Power4-System der italienischen CINECA mit 16 p690-Systemen) auf nur noch 31 Prozent.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch der neue Hochleistungsrechner Nord (HLRN), der auf die zwei Standorte Hannover und Berlin verteilt mit jeweils 12 Regatta p690-Systemen derzeit im Testbetrieb arbeitet. Eine Glasfaserverbindung mit 2,5 GBit/s Kapazität (derzeit aber nur 1 GBit/s genutzt) verbindet die beiden Hemisphären als eine Art "corpus callosum". (as)