Popkomm: Kein Polizeistaat auf der Festplatte

Auf einer Diskussionsveranstaltung sprachen sich Interessenvertreter zwar gegen eine Verletzung der Privatsphäre der User aus, forderten aber noch höhere Abgaben.

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Von
  • Inga Rapp

Die Grundlage sei "der Wille des Menschen, Urheberrecht anzuerkennen", sagte Hartwig Masuch, Geschäftsführer der BMG UFA Musikverlage im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung auf der [http;//www.popkomm.de Musikmesse Popkomm] heute in Köln. Masuch betonte, dass es wichtig sei, beim Konsumenten ein Bewusstsein für die Wertigkeit von Musik zu erwecken. Passiere dies nicht, dann würde das Konzept des Copyright letztendlich sterben.

Die aktuellen Diskussionen drehen sich nach wie vor im Schwerpunkt um Filesharing-Dienste und das private Brennen von Musik-CDs. Masuch schätzt allerdings die Gefahr, die von Filesharing-Diensten ausgeht, nicht allzu hoch ein. Er sieht diese Dienste eher als eine Art Promotion für die Künstler. Außerdem sieht er die Diskrepanz zwischen den Ansprüchen der Musikindustrie und dem Bedürfnis nach Privatsphäre der Nutzer. Masuch warnt davor, "den Polizeistaat auf die Festplatte zu lassen."

Im Rahmen der Diskussion machte er deutlich, dass die Umsätze heute in etwa auf dem Niveau von vor sieben Jahren liegen. Damals wurden mit diesen Umsätzen hohe Gewinne erwirtschaftet. Nach dem Hoch der letzten Jahre würde jetzt ein vergleichbares Niveau als konjunkturelle Schwäche empfunden. Die Probleme liegen seiner Meinung nach in anderen Bereichen: die Nicht-Musik-Industrie sei viel "böswilliger" als die Privatkonsumenten. So würden beispielsweise die Musiksender VIVA und MTV nur geringe Lizenzgebühren an die GEMA zahlen müssen. Andererseits hätten sie nicht so hohe Produktionskosten wie andere Sender, die nicht nur Musikvideos senden. Masuch macht deutlich, dass man sich angesichts solcher Situationen nicht "hinstellen und sagen" könne: "Unser Problem ist das Internet!"

Alexander Wolf, der in dieser Diskussionsveranstaltung die Seite der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) vertrat, versuchte, sich der Argumentation seines Gesprächspartners teilweise anzuschließen. Auch er betonte, dass der Fokus nicht alleine auf dem Internet beziehungsweise dem "Burning" liegen dürfe, vielmehr sollte die Produktion in den Blick genommen werden. Allerdings sagte er auch, dass die Existenz vieler der 60.000 GEMA-Mitglieder durch Filesharing und Burning massiv bedroht sei.

Die Frage, was die GEMA tue, um ihre Mitglieder zu schützen, schließt sich folgerichtig an. Wolf wies darauf hin, dass die GEMA mit einem Tool, das in London entwickelt worden sei, das Netz durchforste. Provider wie T-Online oder AOL seien sehr kooperativ, wenn es darum ginge, User freundlich auf Copyright-Verletzungen hinzuweisen. Allerdings könne man aufgrund der Rechtslage nur gegen in Deutschland gehostete Websites vorgehen, nicht gegen Seiten aus dem Ausland.

Wolf sprach außerdem die Urheberrechtsabgaben auf CD-Brenner und Rohlinge an. Er forderte, dass die Abgabe auf Brenner etwa dreimal so hoch sein müsse wie gerade ausgehandelt, also von 6 Euro auf 18 Euro steigen müsse. Der durch Burning entstandene Schaden für die Künstler sei wesentlich höher als der durch illegale Verbreitung als MP3.

Auch der Preis für Rohlinge müsse steigen, forderte Wolf. Dies begründet er mit einem Phänomen, das auch sein Gesprächspartner Masuch ansprach: die Preisschere zwischen Rohling und Musik-CD klafft weit auseinander. Für den Konsumenten ist es nicht nachvollziehbar, dass er für eine Original-CD etwa 17 Euro zahlen soll, wenn ein Rohling schon für 50 Cent zu haben ist.

Interessante Gedankengänge kamen auch aus dem Auditorium. So forderte beispielsweise ein Zuhörer, die Abgabe auf Medien wie Rohlinge und Festplatten auch auf die Bandbreite beim Internet-Zugang auszudehnen. Eine andere Anregung bestand darin, den immer wieder als ungerecht empfundenen Verteilungsschlüssel der GEMA-Gelder auf die Künstler nach anderen Kriterien zu erstellen und Dienste wie Napster als objektives Maß zur Verbreitung zu nutzen. (Inga Rapp) / (mw)