Rasterfahndung: Schily mauert

Bisher hat das Bundeskriminalamt im Rahmen der im September angelaufenen Rasterfahndung nach terroristischen "Schläfern" 19.872 Personendatensätze erfasst.

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Von
  • Richard Sietmann

Bisher hat das Bundeskriminalamt im Rahmen der im September angelaufenen Rasterfahndung nach terroristischen "Schläfern" 19.872 Personendatensätze erfasst. Dies geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ursula Jelpke (PDS) hervor. "Ziel der Rasterfahndung ist es, weitere in Deutschland aufhältige so genannte 'Schläfer' zu identifizieren, um so der Durchführung weiterer Anschläge entgegenzuwirken", erklärt das Bundesinnenministerium. Als 'Schläfer' werden potenzielle Terroristen bezeichnet, die jahrelang unauffällig und gesetzestreu leben, bis sie auf Anweisung ihrer Organisation einen Anschlag verüben.

Die Landgerichte Berlin und Wiesbaden hatten die Zweckentfremdung von Datensätzen der Immatrikulationsämter der Universitäten zum Fahndungsabgleich mangels einer akuten und konkreten Gefährdung oder Bedrohung von Einrichtungen in der Bundesrepublik für rechtswidrig erklärt. Das OLG Düsseldorf beschränkte die Rasterfahndung auf arabische und muslimische Personen. Lediglich das Verwaltungsgericht Mainz hält sie für uneingeschränkt zulässig. Die Entscheidungen sind bislang nicht rechtskräftig; die Innenminister des Bundes und der Länder beharren derweil auf der umstrittenen Fahndungsmethode.

Zahlreiche Juristen halten das Verfahren der computergestützten Durchforstung von Datenbeständen grundsätzlich für fragwürdig, weil es die herkömmliche Fahndung nach Verdächtigen auf den Kopf stellt, indem alle von der Datenerhebung Betroffenen zunächst als verdächtig angesehen und die Verdachtsmomente ihnen gegenüber erst im Verlauf der Rasterung ausgeschlossen werden. Aber "die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Anordungen der jeweiligen Rasterfahndungen in den Ländern auf der Grundlage des dortigen Gefahrenabwehrrechts den rechtlichen Vorgaben sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht", heißt es in der Antwort der Bundesregierung (Bundestags-Drucksache 14/8257, noch nicht online verfügbar).

Von dem Paket aus insgesamt 21Einzelpunkten der Kleinen Anfrage (Bundestags-Drucksache 14/8087) blieb allerdings der größte Teil in der Sache unbeantwortet. So hatte die innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion beispielsweise wissen wollen, wie viele Personen auf Grund ihrer ausgesiebten Datensätze bereits einer polizeilichen Überprüfung unterzogen wurden, welche Konsequenzen das für sie hatte und wie viele förmliche Ermittlungsverfahren im Ergebnis daraus hervorgingen. "Es handelt sich bei den nachgefragten Angaben ausschließlich um Informationen aus dem Zuständigkeitsbereich der Länder", zieht sich der Bundesinnenminister elegant aus der Affäre. Die Effizienz der Rasterfahndung ist für ihn anscheinend kein Thema: "Erkenntnisse hierzu liegen der Bundesregierung nicht vor."

Schily gibt "die drei Affen: nix hören, nix sehen, nix sagen", kritisiert die Urheberin der Kleinen Anfrage. "Wer so hartnäckig schweigt", bemängelt die Abgeordnete den Umgang des Ministers mit dem Fragerecht der Opposition, "hat offensichtlich etwas zu verbergen". (Richard Sietmann) / (jk)