"User Rights Management" fürs digitale Kopieren gefordert

Forscher warnen, dass mit der anstehenden Urheberrechtsnovelle ein "Volk von Hackern" entstehen könnte.

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Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Anpassung des Urheberrechts an die Informationsgesellschaft, den Telepolis jüngst veröffentlichte, schneidet nach Ansicht von Wissenschaftlern zu stark in die Rechte der Nutzer und ihr Interesse an einer möglichst freizügigen Nutzung von Wissen und Information ein. Die Weichen würden klar in Richtung Verstärkung der exklusiven Verwertungsrechte der Urheber gestellt, erklärte der Konstanzer Informationswissenschaftler Rainer Kuhlen gegenüber heise online. "Einschränkungen der Urheberansprüche werden faktisch ziemlich heftig zurückgeschnitten durch das Setzen auf technische Maßnahmen."

Auch wenn der Entwurf das Konfliktwort "Digital Rights Management" vermeide, lege er durch das Umgehungsverbot für technische Schutzmaßnahmen doch die Basis für die weitere Kommerzialisierung der öffentlichen Kulturgüter. Um die Interessen der Nutzer nicht völlig aus den Augen zu verlieren, fordert Kuhlen daher die Transformation des "rigiden und die Anonymität der Benutzung bedrohenden Digital Rights Managements" (DRM) in ein "User Rights Management" (URM). Die Software selbst sei schließlich neutral und könne neben der Sicherung von Verwertungsansprüchen auch Nutzungsrechte garantieren.

Andernfalls "wird ein Volk von Hackern entstehen", ist sich Kuhlen sicher. Trotz der drohenden Kriminalisierung würden sich die Verbraucher wohl kaum an den Gesetzestext halten. Sie dürften sich sogar "vertrauensvoll an die sich mit Sicherungstechnik befasste Wissenschaft wenden", denn Lücken in Sicherungssystemen könnten gemäß § 95 vermutlich weiter erforscht und publiziert werden. Der Münsteraner Informationsrechtler Thomas Hoeren, der im Artikel 5 des Grundgesetzes einen Anspruch auf Privatkopien ausgemacht hat, warnt allerdings vor zivilrechtlichen Folgen der Volkshackerei, gegen die sich die Anbieter gerichtlich wehren könnten. Ein "Selbsthilferecht" der Mediennutzer gebe es nicht.

Kritik an den Umsetzungsplänen des Justizministeriums kommt auch von CCC-Sprecher und ICANN-Direktor Andy Müller-Maguhn. Entgegen der Interpretation Kuhlens sieht er das "Recht auf die aktive wissenschaftliche Auseinandersetzung" mit Sicherheitstechnologien durchaus gefährdet. Zumindest befürchtet Müller-Maguhn, dass spitzfindige Anwälte den Künsten der Technikbastler, die bei ihrer Arbeit schon mal "Geräte aufschrauben und im Zweifelsfall einen Kopierschutz umgehen", spätestens bei der Veröffentlichung solcher Lücken in Organen wie der clubeigenen "Datenschleuder" doch einen "wirtschaftlichen Zweck" zuschreiben würden. Damit wäre die Strafbarkeit gegeben.

Unzufrieden ist Müller-Maguhn zudem mit der Definition "wirksamer" Schutzmaßnahmen im Gesetzesentwurf. Falls damit der einfache Umgang mit dem Lötkolben oder das "Umstellen eines Schalters" bei einem DVD-Player zur Entsperrung des Systems gemeint sein sollte, "stimmt was nicht im Lande." Generell habe die Industrie in 20 Jahren noch keinen wirklich wirksamen Kopierschutz hervorgebracht. (Stefan Krempl) / (jk)