HP steht nach der Compaq-Übernahme vor großen Herausforderungen
Nach einem erbittert geführten Streit über die Übernahme von Compaq hat HP-Chefin Carly Fiorina ein Ziel erreicht; die größten Hürden stehen aber noch bevor.
Nach einem acht Monate erbittert geführten Streit über die Übernahme von Compaq hat HP-Chefin Carly Fiorina ein wichtiges Ziel erreicht: Die 47 Jahre alte Vorzeige-Managerin des Silicon Valley kann am Freitag das 18,5 Milliarden teuere Geschäft endlich abschließen. Doch die größte Hürde steht Fiorina und ihrem Team noch bevor, nämlich aus dem zweit- und dem drittgrößten Computerhersteller der Welt eine funktionierende Einheit zu schaffen, die sich auf einem hart umkämpften Markt bewähren kann. "Es war ein harter Kampf, aber jetzt geht es darum, die Firma zu führen", sagte Tony Hipple von der Finanzgesellschaft First American Funds. "Die nächste große Herausforderung wird die Integration der beiden Unternehmen sein."
Zuerst muss das neue Management-Team die Verunsicherung bei der Belegschaft des kalifornischen Computer-Konzerns Hewlett-Packard und des texanischen Ex-Konkurrenten beenden. Fiorina hatte ein Einsparziel von 2,5 Milliarden Dollar verkündet, das hauptsächlich durch die Entlassung von Mitarbeitern erreicht werden soll. Schätzungsweise 15.000 Beschäftigte von HP und Compaq werden ihren Arbeitsplatz verlieren, schließlich benötigt die neue HP keine zwei getrennte Vertriebsmannschaften, keine getrennten E-Mail-Systeme, keine getrennten Personalveraltungen.
Dann steht ein Abgleich der Produktpaletten von HP und Compaq auf dem Plan, die sich in einigen Bereichen überschneiden. So produzieren beide Firmen Taschencomputer, PCs und größere Serverrechner. Die unsichere Zukunft von bestimmten Produktlinien bei HP und Compaq hatte die Konkurrenz in den vergangenen Monaten kräftig ausgenutzt. So stieg nach Berechnungen des Marktforschungsinstituts Dataquest der Marktanteil von Dell Computer im Server-Segment im Jahr 2001 von 14 auf 17 Prozent, während Compaq fünf Prozentpunkte auf 26 Prozent verlor.
Dell wird auch der größte Konkurrent der neuen HP im derzeit schwierigen Markt für Personal Computer sein. Die neue HP wird künftig rund ein Drittel des Umsatzes mit dem margenschwachen PC-Geschäft machen, die alte HP war nur zu 21 Prozent des Gesamtumsatzes vom PC-Markt abhängig. Diese Geschäftsverlagerung war auch einer der maßgeblichen Gründe, warum Walter Hewlett, der inzwischen aus dem HP- Aufsichtsrat entfernte Sohn des Unternehmensgründers William Hewlett, sich so entschieden gegen die Übernahme von Compaq stemmte.
Bei den größeren Server-Computern hat es die neue HP vor allem auf IBM und Sun abgesehen. Im Gegensatz zu den Konkurrenten vertraut HP dabei vor allem auf Know-how der beiden Technologie- Partner Intel und Microsoft, die das Grundlayout für die Server- Systeme auf der Basis des Microsoft-Betriebssystems Windows entworfen haben. Das neue Unternehmen wird der weltweit größte Hersteller von Windows-Servern werden, bei Computer-Dienstleistungen liegt die neue HP auf Platz drei.
Die Führer der neuen HP haben ihre Aufgaben inzwischen verteilt. Carly Fiorina will sich um die strategische Ausrichtung des Unternehmens kümmern, Compaq-CEO Michael Capellas soll das Tagesgeschäft führen. Branchenbeobachter begrüßen diese Aufteilung. "Compaq hat einige operationale Dinge besser im Griff als HP. Carly hat ein bisschen besser den strategischen Plan ausgearbeitet", meinte HP-Aktionär Hipple.
Der Markenname Compaq wird in dem neuen Unternehmen bis auf wenige Ausnahmen aber verschwinden. So rechnen Beobachter damit, dass der erfolgreiche Compaq-PDA iPAQ auch künftig unter der Compaq-Marke angeboten wird. An der Börse in New York wird immerhin ein Buchstabe an den texanischen Computer-Pionier erinnern: Die neue HP änderte ihr Börsensymbol von HWP in HPQ - Q von Compaq.
Die Chronologie der Fusion von HP und Compaq
- 3. September 2001: Hewlett-Packard und Compaq geben überraschend bekannt, dass HP den Konkurrenten übernehmen will.
- 6. November 2001: Walter Hewlett, der Sohn des HP-Mitgründers William Hewlett und Aufsichtsratsmitglied von HP, kündigt an, dass die Familie gegen die Fusion stimmen will. Die Familie kontrolliert rund fünf Prozent der Aktien des Computerriesen.
- 7. November 2001: Auch David Packard, der Sohn des 1996 gestorbenen HP-Mitgründers David Packard, lehnt den Zusammenschluss von HP und Compaq ab. Die Packard-Familie und eine Familienstiftung kontrollieren mehr als zehn Prozent der HP-Aktien.
- 15. November 2001: Die Übernahme von Compaq durch HP verzögert sich wegen einer längeren Untersuchung durch die US-Kartellbehörde.
- 31. Januar 2002: Die EU-Kommission billigt die Übernahme.
- 6. März 2002: Die amerikanische Wettbewerbsbehörde FTC (Federal Trade Commission) genehmigt den geplanten Zusammenschluss ohne Auflagen.
- 19. März 2002: Die HP-Aktionäre stimmen auf ihrer außerordentlichen Hauptversammlung am 19. März mit knapper Mehrheit von 2,8 Prozentpunkten für die Fusion.
- 20. März 2002: Die Aktionäre von Compaq stimmen mehrheitlich für die Übernahme.
- 28. März 2002: Walter Hewlett reicht Klage gegen die Fusion ein. Er beschuldigt HP, die Aktionäre getäuscht und die Deutsche Bank mit unfairen Mitteln und falschen Versprechungen unter Druck gesetzt zu haben, damit diese für die Fusion stimmen.
- 1. April 2002: Walter Hewlett wird nach einer Entscheidung des Unternehmens nicht mehr zum Kandidaten für das Aufsichtsgremium aufgestellt.
- 16. April 2002: Die New Yorker Staatsanwaltschaft und ein Büro der amerikanischen Wertpapier- und Börsenkommission SEC in San Francisco untersuchen die Abstimmung der HP-Aktionäre.
- 30. April 2002: Ein Gericht in Delaware gibt HP auf ganzer Linie Recht, Walter Hewlett gibt daraufhin seinen Widerstand gegen die Fusion auf.
(Christoph Dernbach, dpa) / (jk)